Abtretung von Ansprüchen an die Eigentümergemeinschaft

Abtretung von Ansprüchen an die Eigentümergemeinschaft

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Gesetzestext

(2) Die Wohnungseigentümer können der Eigentümergemeinschaft aus ihrem Miteigentum erfließende Unterlassungsansprüche sowie die Liegenschaft betreffende Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche abtreten, wodurch die Eigentümergemeinschaft diese Ansprüche erwirbt und in eigenem Namen geltend machen kann. Unterlässt die Eigentümergemeinschaft die Geltendmachung eines ihr abgetretenen Anspruchs und droht dadurch eine Frist für die Anspruchsverfolgung abzulaufen, so kann der betreffende Wohnungseigentümer den Anspruch für die Eigentümergemeinschaft geltend machen.

Anmerkung:

In der Praxis besteht die Problematik der Abgrenzung der Aktivlegitimation einerseits der Eigentümergemeinschaft und andererseits der einzelnen Wohnungseigentümer, vor allem etwa bei Gewährleistungsansprüchen, die sich auf Mängel an allgemeinen Teilen der Liegenschaft beziehen, ihre rechtliche Wurzel aber in Verträgen haben, die noch die einzelnen Wohnungseigentümer beispielsweise mit dem Bauträger abgeschlossen haben.

Welche Ansprüche sind es nun, für die der neue § 18 Abs. 2 WEG 2002 eine Abtretung an die Eigentümergemeinschaft zulässt?

Zum einen sind dies Unterlassungsansprüche der Wohnungseigentümer, die sich aus ihrem Miteigentum – und damit auch aus ihrem Mitbesitz – an der Liegenschaft ergeben, also etwa die Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB, nachbarrechtliche Ansprüche nach §§ 364 ff. ABGB, die Räumungsklage gegen einen titellosen Benützer oder Besitzstörungsklagen.

Zum anderen sind dies „die Liegenschaft betreffende Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche“, die zunächst dem einzelnen Wohnungseigentümer zustehen. Darunter sind nicht nur solche Ansprüche zu verstehen, die sich auf allgemeine Teile der Liegenschaft beziehen, sondern auch solche, die nur das Innere eines Wohnungseigentumsobjekts betreffen, und zwar unabhängig vom Vorliegen eines „ernsten Schadens des Hauses“.

Im Übrigen zählt auch ein Anspruch wie jener, der der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 1 Ob 163/03g zugrunde gelegen war, also ein Amtshaftungsanspruch wegen eines durch rechtswidriges und schuldhaftes Organverhalten verursachten Schadens an allgemeinen Teilen der Liegenschaft, zu den nach dieser Regelung zedierbaren Forderungen; dies bedeutet freilich umgekehrt, dass die Eigentümergemeinschaft – anders als dies in der genannten Entscheidung angenommen wurde – einen solchen Anspruch erst auf Grundlage einer Abtretung durch die Wohnungseigentümer geltend machen kann.

Ergänzend zur Anordnung über die Zulässigkeit der Abtretung werden drei flankierende Regelungen getroffen.

Erstens wird in § 18 Abs. 2 erster Satz zweiter Halbsatz WEG 2002 bestimmt, dass die Eigentümergemeinschaft durch die Abtretung die jeweiligen Ansprüche erwirbt und im eigenen Namen geltend machen kann.

Zweitens wird in § 18 Abs. 2 zweiter Satz WEG 2002 angeordnet, dass auch nach dem Übergang des Anspruchs auf die Eigentümergemeinschaft durch die Abtretung der „betreffende“ Wohnungseigentümer – das ist jener Wohnungseigentümer, der die Forderung an die Gemeinschaft zediert hat – den Anspruch (in der Regel durch Klagsführung) geltend machen kann, wenn die Eigentümergemeinschaft ungeachtet der erfolgten Annahme der Abtretung im Weiteren untätig bleibt und dadurch eine Verjährungs- oder Präklusionsfrist, die für die Anspruchsverfolgung zu beachten ist, abzulaufen droht. Dadurch soll dem einzelnen Wohnungseigentümer ein Abhilfemittel gegen die drohende Anspruchsverfristung durch Passivität der Eigentümergemeinschaft an die Hand gegeben werden, das freilich erst knapp vor Ablauf der Frist in Betracht kommt (weil ansonsten das Tatbestandsmerkmal der drohenden Verfristung nicht erfüllt ist).

Diese „Notfallslegitimation“ des einzelnen Wohnungseigentümers ist ein wohnungseigentumsrechtlicher Sonderfall der im Gesellschaftsrecht anerkannten Rechtsfigur der actio pro socio; der Wohnungseigentümer erhebt die Klage im eigenen Namen; als Adressat einer damit geforderten Leistung ist aber die Eigentümergemeinschaft zu bezeichnen. Nur am Rande sei angemerkt, dass im Hinblick auf diese für den „Notfall“ doch noch beim einzelnen Wohnungseigentümer verbleibende Handlungsmöglichkeit dahin argumentiert werden könnte, für die Abtretung der Forderung an die Eigentümergemeinschaft falle keine Zessionsgebühr an.

Und drittens wird in § 2 Abs. 5 WEG 2002 durch eine Zitatänderung klargestellt, dass die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft auch den Erwerb und die Geltendmachung solcher abgetretenen Ansprüche umfasst.

Nur zur Klarstellung sei Folgendes erwähnt: Die Abtretung ist ein Konsensualvertrag; die Forderung muss gemäß § 1392 ABGB von einer Person an die andere übertragen und von dieser auch angenommen werden. Dies bedeutet selbstverständlich, dass kein Wohnungseigentümer der Eigentümergemeinschaft einen Anspruch gegen deren Willen aufdrängen kann, sondern es bedarf zum Übergang des Anspruchs auch der Annahme der Abtretung durch die Eigentümergemeinschaft.

Zu prüfen ist dann, ob die Annahme der Abtretungserklärung eines Wohnungseigentümers der ordentlichen oder aber der außerordentlichen Verwaltung angehört. Dies lässt sich aber nicht generell sagen, weil die Lösung dieser Frage vor allem davon abhängt, um welchen Anspruch es sich handelt. Es wird sich aber in jedem Fall – also auch im Fall der Zugehörigkeit des Anspruchs zur ordentlichen Verwaltung, bei der der Verwalter sein Handeln ja nicht auf einen Beschluss der Wohnungseigentümer gründen muss – empfehlen, über die Frage der Abtretungsannahme und der Anspruchsverfolgung einen Beschluss herbeizuführen.

Zur Klarstellung wird noch darauf verwiesen, dass durch die Abtretung dieser Ansprüche kein Vorzugspfandrecht (siehe § 27 WEG 2002) an diesen Ansprüchen begründet wird.