Ausmalverpflichtung: Neue Kausalentscheidung des OGH

Ausmalverpflichtung: Neue Kausalentscheidung des OGH

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Ausmalverpflichtung im Vollanwendungsbereich wie im Teil- und Nichtanwendungsbereich des MRG gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und zwar sowohl im Geltungsbereich des KSchG wie auch im Verhältnis zwischen zwei Verbrauchern.
Der Vermieter hat folgende Klausel verwendet:

Klausel 27:

Das Mietobjekt ist bei Beendigung ordnungsgemäß in weißer Farbe ausgemalt sowie unter Herstellung des Zustandes der Oberflächenbeläge (zB Fliesen, Bodenbeläge) wie bei Anmietung unter Berücksichtigung der bei schonendem vertragskonformen Gebrauch sich ergebenden Abnutzung zurückzustellen. Bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung dieser Vertragspflicht ist der Vermieter berechtigt, eine Fachfirma mit den Ausmalungs und Reinigungsarbeiten sowie Bodenbelagsarbeiten zu betrauen, wobei der Mieter verpflichtet ist, die dabei aufgelaufenen Kosten binnen 14 Tagen nach Übermittlung der von der Fachfirma ausgestellten Rechnungen zu ersetzen. Der Anspruch des Vermieters ist auf die notwendigen Kosten beschränkt. Der Vermieter hat die Kosten zu tragen, wenn ihn die entsprechende Instandhaltungspflicht trifft.

Dazu der OGH:

Bei der gebotenen „kundenfeindlichsten“ Auslegung (siehe Punkt 6.2.5) ist die im ersten Satz der Klausel enthaltene Einschränkung („wie bei Anmietung unter Berücksichtigung der bei schonendem vertragskonformen Gebrauch sich ergebenden Abnutzung“) nur auf die unmittelbar vor dieser Wortfolge geregelte Verpflichtung zur Herstellung der Oberflächenbeläge und nicht auch auf die Ausmalverpflichtung des Mieters zu beziehen (so erkennbar auch die Auslegung des Berufungsgerichts). Die naheliegende Möglichkeit einer solchen Auslegung ergibt sich insbesondere aus der die Ausmalverpflichtung präzisierenden Formulierung „ordnungsgemäß [.] ausgemalt“, worunter entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung wieder „kundenfeindlichst“ ausgelegt ohne weiteres auch ein „Neuausmalen“ verstanden werden kann. Mit einer Verpflichtung zum Neuausmalen lässt sich aber die erwähnte Einschränkung nicht in Einklang bringen.

Dies führt dazu, dass die beiden im ersten Satz der Klausel dem Mieter auferlegten Verpflichtungen einen unterschiedlichen Regelungsinhalt aufweisen, weshalb auch bei der Zulässigkeitsprüfung zwischen beiden Regelungen differenziert werden muss.

Zum Ausmalen:(Zur Herstellung der Oberflächenbelege siehe nächsten Beitrag)

Die Klausel verpflichtet den Mieter, das Mietobjekt bei Beendigung des Mietverhältnisses „ordnungsgemäß“ in weißer Farbe ausgemalt zurückzustellen.
Es wurde (unter lit a) bereits erörtert, dass darunter bei „kundenfeindlichster“ Auslegung die Zurückstellung in neu ausgemaltem Zustand verstanden werden kann.

Das wirtschaftliche Interesse des Vermieters, den Bestandgegenstand am Ende der Bestandzeit in neu ausgemaltem Zustand zurückgestellt zu erhalten, um es rasch und ohne eigenen Kostenaufwand weiter verwerten zu können, ist evident.

In den Entscheidungen 6 Ob 104/09a (Individualprozess) und 2 Ob 73/10i (Verbandsprozess) wurde dieses Interesse allerdings aus den bereits dargelegten Erwägungen (vgl Punkt 6.3.1 lit e und f) als nicht schützenswert erachtet, wenn das Bestandobjekt am Ende der Bestandzeit in einem dem bestimmungsgemäßen Gebrauch entsprechenden Abnutzungszustand zurückgestellt wird.

Sind hingegen an den Wänden übermäßige Gebrauchsspuren oder sonstige Schäden vorhanden, entspräche die Beseitigungspflicht des Mieters bei einem diesem zuzurechnenden Verschulden ohnehin dem dispositiven Recht (§ 1111 ABGB).

Offen bleibt demnach, ob eine Verpflichtung zum „Endausmalen“ gröblich benachteiligend sein könnte, wenn sie unabhängig von den Ursachen (also etwa auch bei Zufall) für die übermäßige Abnutzung vereinbart worden ist (vgl Vonkilch, wobl 2009/90, 256 [258 f]). Dies muss im vorliegenden Fall aber nicht näher erörtert werden, weil die hier zu prüfende Klausel aus den nachstehenden Gründen jedenfalls als gröblich benachteiligend zu beurteilen ist.

Die Klausel erfasst – wieder bei „kundenfeindlichster“ Auslegung – auch jene Fälle, in denen sich das Mietobjekt am Ende der Mietzeit im Zustand „normaler“ Abnutzung befindet und der Mieter daher auch geringfügige Gebrauchsspuren zu beseitigen hätte (vgl auch 7 Ob 78/06f [Klausel 32]).

Die Klausel könnte ferner dahin verstanden werden, dass der Mieter am Ende der Mietzeit jedenfalls, dh ungeachtet des Zeitpunkts früherer Renovierungsarbeiten, ausmalen muss, sodass für ein „Endausmalen“ noch gar kein Bedarf bestünde.

Derartige Vereinbarungen in Formularmietverträgen wurden auch in der deutschen Rechtsprechung wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters als unwirksam erkannt (vgl BGH 12. 9. 2007, VIII ZR 316/06; vgl in diesem Zusammenhang auch BGH 14. 12. 2010, VIII ZR 198/10 = NZM 2011, 150, wo die Farbvorgabe „weiß“ für eine „Auszugsdekoration“ des Mieters als diesen unangemessen benachteiligend iSd § 307 BGB qualifiziert worden ist).

Hingegen kommt dem möglichen Aspekt, dass der Mieter trotz kurzer Befristung des Mietverhältnisses bei dessen Beendigung neu ausmalen müsste, aufgrund der bei Wohnungsmieten sowohl im Teil als auch im Vollanwendungsbereich des MRG geltenden Mindestbefristung auf drei Jahre (§ 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG) nur geringere Bedeutung zu. Eine Ausmalverpflichtung könnte dann (nur) noch in jenen (wohl seltenen) Fällen gröblich benachteiligend sein, in denen der Vermieter die Möglichkeit hat, das Mietverhältnis vorzeitig zu beenden, ohne dass die Auflösung auf einen vom Mieter verschuldeten oder ihm zurechenbaren Grund zurückzuführen ist (Pletzer, bbl 2010, 131 [141 f], die als Beispiele die Verwirklichung eines vereinbarten Kündigungsgrundes oder außerhalb des MRG den Fall der dritten Alternative des § 1118 nennt).

Der Mieter müsste nach dem Wortlaut der Klausel aber auch dann weiß ausmalen, wenn er das Mietobjekt am Beginn des Mietverhältnisses in unausgemaltem bzw nicht weiß ausgemaltem Zustand übernommen hat. Dies könnte dazu führen, dass er nicht nur eigene Gebrauchsspuren, sondern auch solche eines Vormieters auf eigene Kosten zu beseitigen hat.

Die Wirkung der Klausel beschränkt sich demnach nicht bloß auf die Beseitigung von vom Mieter angebrachten besonders auffälligen Wandfarben oder der von ihm verursachten (und verschuldeten) übermäßigen Gebrauchsspuren, sondern sie trägt dem Mieter unter Umständen sogar die Rückstellung in verbessertem Zustand auf. Dass eine derartige Regelung den Mieter gröblich benachteiligt, hat der Oberste Gerichtshof bereits in 6 Ob 104/09a für den Vollanwendungsbereich des MRG erkannt (insoweit zust Böhm, immolex 2010/15, 47 [50]; auf die Übergabe in ausgemaltem/unausgemaltem Zustand abstellend ders bereits in immolex 2007, 162 [168]; vgl ferner Vonkilch, wobl 2010/5, 20 [24]).

Diese Erwägungen gelten aber ebenso für den Teil und Nichtanwendungsbereich des MRG (gegen eine Differenzierung etwa Böhm aaO; Leupold, EvBl 2010/51, 360 [363]).

Bei all diesen Überlegungen fällt ins Gewicht, dass die Klausel keinen erkennbaren Bezug zwischen der Verpflichtung zum „Endausmalen“ (als geldwerte Einmalleistung des Mieters) zur Mietzinshöhe herstellt und schon gar keine adäquate Berücksichtigung bei deren Ermittlung vorsieht (vgl Leupold, Zak 2010, 103 [105 f]; auch Böhm, immolex 2010/15, 47 [50 f]). Auf welche Weise dies zu geschehen hätte, kann hier unerörtert bleiben. Auch die im Vollanwendungsbereich aus § 28 MRG resultierenden Anrechnungsfragen sind in die Prüfung nach § 879 Abs 3 ABGB nicht einzubeziehen (dies klarstellend Vonkilch, wobl 2010/5, 20 [25]; ebenso Leupold aaO).

Bei Abwägung aller Umstände ergibt sich, dass die Klausel, soweit sie die Rückstellung des Mietobjekts „ordnungsgemäß weiß ausgemalt“ anordnet, die Interessen des Vermieters einseitig bevorzugt. Sie ist daher für den Mieter im Vollanwendungsbereich wie im Teil- und Nichtanwendungsbereich des MRG gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und zwar sowohl im Geltungsbereich des KSchG wie auch im Verhältnis zwischen zwei Verbrauchern.

OGH vom 27.02.2012, 2 Ob 215/10x