Generelles Verbot der Tierhaltung unzulässig

Generelles Verbot der Tierhaltung unzulässig

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OGH kippt generelles Verbot in Mietverträgen
Der OGH hat in einer neuen Klauselentscheidung das generelle Verbot der Tierhaltung als unwirksam aufgehoben.

Verwendete Klausel (Klausel 24):

Dem Mieter ist es nicht gestattet, Haustiere zu halten.

Der OGH zu Klausel 24:

1. Die Haltung von Haustieren – die für viele Personen wichtige Bezugspunkte sind – in (Miet-)Wohnungen kann als gerichtsnotorische Tatsache gelten (§ 269 ZPO). Offenkundige Tatsachen müssen nicht einmal behauptet werden (RIS-Justiz RS0040240). Das Gericht hat sie seiner Entscheidung auch dann zugrundezulegen, wenn sie nicht vorgebracht wurden (RIS-Justiz RS0037536).

2. Die Entscheidung 6 Ob 129/08a hatte sich nicht mit der Frage der (Un-)Zulässigkeit von Vertragsbedingungen in AGB zu befassen, welche die Haustierhaltung durch Wohnungsmieter generell untersagten, sondern mit der Geltung einer Vertragsbestimmung im Einzelfall, wonach die Tierhaltung der Genehmigung des Vermieters bedurfte.

3. Die gefestigte Verkehrssitte ist auch im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB zu berücksichtigen, sofern sie mit Treu und Glauben und der berechtigten Bewertung der im Spiel befindlichen Interessen zu vereinbaren ist (vgl 2 Ob 137/08y). Dies ist bei der Haustierhaltung in (Miet-)Wohnungen innerhalb eines vertretbaren Rahmens der Fall. Ein Abgehen hievon ist daher nur dann zulässig, wenn es dafür eine sachliche Rechtfertigung gibt.

4. Eine sachliche Rechtfertigung kann nicht allein durch das Interesse des Vermieters gegeben sein, sondern es ist eine umfassende, die Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Interessenabwägung vorzunehmen und die Natur des Rechtsgeschäfts zu berücksichtigen (Bollenberger in KBB3 § 879 ABGB Rz 23 mwN). Eine gröbliche Benachteilung iSv § 879 Abs 3 ABGB liegt dann vor, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in auffallendem, sachlich nicht gerechtfertigtem Missverhältnis zur vergleichbaren Position des anderen steht.

5. Unter Zugrundelegung dieses Wertungsmaßstabs stellt sich die Frage, ob es dem Vermieter möglich sein soll, dem Mieter das Halten eines jeden Tieres zu verbieten, mag es noch so üblich und seiner Art nach für Substanz, Mensch und Hausfrieden typischerweise völlig „gefahrlos“ sein. Angesprochen sind nach Pletzer („Katzenverbot“ zulässig?, Zak 2008/675, 383) etwa alle in Behältnissen gehaltenen, wohnungsüblichen Kleintiere wie zB Ziervögel, Zierfische, Hamster oder kleine Schildkröten.

In der Entscheidung 6 Ob 129/08a ging der Oberste Gerichtshof – unter Berufung auf ältere Rechtsprechung – (obiter) von der Zulässigkeit einer allgemeinen Verbotsklausel aus.

Der BGH judiziert, dass ein formularvertragliches generelles Verbot, Haustiere zu halten, keinen Bestand haben könne, da es nicht die nach § 9 I AGB-Gesetz geschuldete Bilanz der gegenseitigen Interessen berücksichtige. Es erfasse nämlich auch Tiere, deren Vorhandensein von Natur aus – wie es etwa bei Zierfischen im Aquarium der Fall sei – keinen Einfluss auf die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Vermieter und Mieter von Wohnräumen haben könne (NJW 1993, 1061). Eine Klausel in einem formularmäßigen Wohnungsmietvertrag, wonach jede Tierhaltung, insbesondere von Hunden und Katzen, mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen, der Zustimmung des Vermieters bedürfe, halte der Inhaltskontrolle nach § 307 I BGB nicht stand, wobei sich die unangemessene Benachteiligung des Mieters daraus ergebe, dass eine Ausnahme von dem Zustimmungserfordernis nur für Ziervögel und Zierfische bestehe, hingegen nicht für andere Kleintiere wie etwa Hamster und Schildkröten (BGH NJW 2008, 218; vgl auch Häublein in Münchener
Kommentar zum BGB5 § 535 Rz 94 mwN).

6. Die Abwägung von generellen Interessen von Vermietern und Mietern ergibt, dass in der Tat kein sachlicher Grund für ein vertragliches Verbot der Haltung jeglicher Tiere und für die darin gelegene Abweichung vom dispositiven Recht auszumachen ist. Eine formularmäßige Verbotsklausel, die nicht klar zum Ausdruck bringt, dass sie sich nicht auf artgerecht in Behältnissen gehaltene wohnungsübliche Kleintiere (vgl die oben genannten Beispiele) bezieht, ist daher grundsätzlich als gröblich benachteiligend iSv § 879 Abs 3 ABGB zu qualifizieren. Bei anderen Tieren kann dem Vermieter ein schützenswertes Interesse an einer Beschränkung aber nicht abgesprochen werden. Zusammenfassend ergibt sich auch die Unzulässigkeit der Klausel 24 gemäß § 879 Abs 3 ABGB.

OGH 22.12.2010, 2 Ob 73/10i