Keine Eigentumsfreiheitsklage durch Wohnungseigentumsbewerber
News 0 KommentareDer Anlassfall: Eine Liegenschaft steht (noch) im Alleineigentum des Bauträgers und Wohnungseigentumsorganisators. Die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 ist für mehrere Wohnungen angemerkt, die Wohnungen wurden den späteren Streitparteien bereits übergeben und von diesen bezogen.
Der Beklagte hat eine Wohnung samt Gartenanteil als Zubehör zur Wohnung gekauft. Auf dem Gartenanteil errichtete er eine Holzhütte mit Betonfundament im Ausmaß von ca 20 m². Diese Holzhütte stellt im Vergleich zur übrigen Wohnanlage aus architektonischer Sicht einen Fremdkörper dar. Sie beeinträchtigt (bei Betrachtung von den Wohnungen bzw den Terrassen der Kläger) das gesamte Erscheinungsbild.
In ihrer Eigentumsfreiheitsklage begehren die Kläger die Entfernung der – eigenmächtig errichteten – Holzhütte.
Erstgericht und Berufungsgericht gaben dem Klagebegehren (Entfernung des Holzhauses und der Betonfundamente, Wiederherstellung des früheren Zustandes) statt und sahen (vereinfacht) die den klagenden Wohnungseigentumsbewerbern gewährte Eigentumsfreiheitsklage als Gegenstück zu dem Änderungsrecht des Beklagten gem. § 16 WEG 2002, das ihm § 37 Abs 5 Satz 2 WEG 2002 auch im Stadium vor Begründung von Wohnungseigentum ausdrücklich einräumt.
Der OGH gelangt zu einer anderen rechtlichen Beurteilung und wies das Klagebegehren ab.
Die Begründung stützt sich auf eine Differenzierung in § 37 Abs 5 WEG 2002, der unterscheidet ob Miteigentum begründet wurde (Satz 1 und 3) oder noch nicht (zweiter Satz).
Im konkreten Fall, da die Liegenschaft (noch) im Alleineigentum des Bauträgers/Wohnungseigentumsorganisators steht, kommt nur § 37 Abs 5 Satz 2 WEG 2002 (noch keine Begründung von Miteigentum) in Frage, diese Bestimmung lautet:
„Ein Wohnungseigentumsbewerber, der noch nicht Miteigentümer ist, hat ab Bezug des wohnungseigentumstauglichen Objekts die Rechte nach § 16 und § 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002 sowie den Anspruch auf Rechnungslegung gemäß § 34 WEG 2002.“
Voraussetzung ist (wie in allen Fällen des § 37 Abs 5 WEG 2002), dass bereits eine Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums im Grundbuch angemerkt ist, und zwar nach Satz 1 und Satz 2 zu Gunsten des konkreten Wohnungseigentumsbewerbers.
Die Kernargumente des OGH sind nun:
Die Gewährung der Eigentumsfreiheitsklage an einen Wohnungseigentumsbewerber völlig losgelöst von seiner Miteigentümerstellung als Resultat einer Gleichbehandlung vernachlässigt diese vom Gesetz exakt vorgesehene Differenzierung.
Die Eigentumsfreiheitsklage hat ihre Grundlage nicht in § 16 Abs 2 WEG 2002, sondern in der Bestimmung des § 523 ABGB iVm § 829 ABGB.
Die Verbesserung der Rechtsposition eines Wohnungseigentumsbewerbers durch Einräumung des im außerstreitigen Verfahrens durchzusetzenden Änderungsrechts muss nicht zwangsläufig mit der Gewährung der Eigentumsfreiheitsklage verbunden sein, die Eingriffe in das (Mit-)Eigentumsrecht verhindern soll.
Nach der höchstgerichtliche Judikatur steht dem Wohnungseigentumsbewerber, dem die zugesagte Wohnung übergeben wurde, zwar die Klage nach § 372 ABGB analog zu, d.h. dieser kann damit auch gegen Dritte, die ihm die zugesagte und übergebene Wohnung ohne Titel entziehen, unmittelbar vorgehen. Diese Klage schützt aber nur die den Klägern übergebenen Objekte, bieten aber keinen Schutz gegen eigenmächtige Änderungen des Beklagten auf seinem Objekt, da den Klägern an dessen Objekt keine Rechte zustehen.
Nachbarrechtliche Ansprüche nach § 364 Abs 2 ABGB und § 364a ABGB greifen hier ebenfalls nicht, da nicht von Einwirkungen auszugehen ist, die ihrer Art nach Immissionen iSd § 364 ABGB vergleichbar sind.
Es handelt sich um die Beeinträchtigung insbesondere des ästhetischen Empfindens durch die Änderung eines (zukünftigen) Wohnungseigentumsobjekts, die keine nachbarrechtlichen Ansprüche auslösen könnte.
Ebenso wenig liegt eine Beschädigung des Objekts der klagenden Wohnungseigentümer vor, die Schadenersatzansprüche begründen könnte. Im Vergleich zu solchen Einwirkungen und Beschädigungen, die Unterlassungsansprüche und/oder Schadenersatzansprüche zur Folge hätten, ist der Eingriff in die Interessen der übrigen Wohnungseigentumsbewerber durch Errichtung einer „architektonisch störenden“ Holzhütte von geringerer Bedeutung.
§§ 16, 37 Abs 5 WEG; §§ 364, 372, 523 ABGB
OGH 26. 8. 2008, 5 Ob173/08 i
Anmerkung:
Soweit der OGH, juristisch kaum angreifbar aber im Ergebnis leider höchst unbefriedigend und unpraktisch. Sobald die Klägern Miteigentümer sind, könnten sie einen neuerlichen Versuch starten. Bis dahin sind sie den jeweils eigenmächtigen Änderungen der anderen Wohnungseigentumsbewerber mehr oder weniger ausgeliefert, solange deren Änderungen nicht eine Eigentumsklage nach § 372 ABGB rechtfertigen oder abwendbare Immissionen verursachen oder Schäden bewirken. Hier könnte allenfalls der Bauträger/Wohnungseigentumsorganisator oder eine vertragliche Regelung im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag Abhilfe schaffen.