Konventionalstrafe bei verspäteter Rückstellung
News 4 KommentareKlausel ist nicht gröblich benachteiligend und verstößt nicht gegen das Transparenzgebot. Der Vermieter verwendete folgende Klausel:
Klausel 29:
In diesem Zusammenhang vereinbaren die Vertragsteile eine Konventionalstrafe in der Höhe der drei dann aktuellen Bruttomonatsmieten, falls das Bestandobjekt vom Mieter nicht zum vereinbarten oder gerichtlich festgesetzten Räumungstermin übergeben wird. Die Vertragsstrafe entfällt, wenn den Mieter kein Verschulden trifft.
Dazu der OGH:
Eine gemäß § 1336 Abs 1 ABGB vereinbarte Konventionalstrafe soll einerseits den Schuldner zur korrekten Erfüllung seiner Vertragspflichten veranlassen („Erfüllungsdruck“ bewirken) und andererseits dem vereinfachten Ausgleich der dem Gläubiger aus einer trotzdem erfolgten Vertragsverletzung erwachsenden Nachteile durch Pauschalierung seines Schadenersatzanspruchs dienen (vgl 1 Ob 105/99v; 9 ObA 136/05y; RIS Justiz RS0032013, RS0032072; Danzl in KBB³ § 1336 Rz 2 mwN). Dieser Erfüllungsdruck soll schon jene Gefahren einer konkreten Schädigung des Gläubigers abwenden, die bei einer ex-ante-Betrachtung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls als Folge der Nichterfüllung bzw der nicht gehörigen Erfüllung der maßgeblichen Vertragspflicht typisch sind.
Insofern ist also nur das mögliche und nicht das tatsächliche Interesse an der Vertragserfüllung ausschlaggebend (1 Ob 105/99v mwN). Der Eintritt eines materiellen Schadens ist nicht erforderlich (1 Ob 170/00g).
Ist durch eine Vertragsverletzung (noch) kein realer materieller oder immaterieller Schaden eingetreten, so ist einer allfälligen Mäßigung der Konventionalstrafe (§ 1336 Abs 2 ABGB) der im Zeitpunkt deren Vereinbarung bei einer ex ante Betrachtung als möglich denkbare Schaden zugrunde zu legen (RIS Justiz RS0112216). Im Zweifel ist eine Konventionalstrafe nur bei Verschulden zu zahlen (2 Ob 199/09t; RIS Justiz RS0016558, RS0017471).
Bei der Angemessenheitskontrolle einer Konventionalstrafe nach § 879 Abs 3 ABGB kommt es darauf an, ob sich die Höhe des Vergütungsbetrags an jenem durchschnittlichen Schaden orientiert, der nach der Schätzung eines redlichen Beobachters bei der damit sanktionierten Vertragsverletzung normalerweise eintritt (4 Ob 113/06f mwN; 4 Ob 99/09a; RIS Justiz RS0016913; vgl Krejci in Rummel, ABGB³ § 879 Rz 246j).
Zu den Erfüllungspflichten des Mieters gehört die Rückstellung des Bestandobjekts an den Vermieter. Fälligkeitszeitpunkt für die Rückstellung ist gemäß § 1109 ABGB das Ende des Bestandverhältnisses (3 Ob 54/98g), also der Endzeitpunkt eines befristeten Vertrags, der Kündigungstermin oder die Zustellung der vorzeitigen Auflösungserklärung nach § 1118 ABGB. An dieser Rechtsfolge ändert sich durch die nach den §§ 573 f ZPO einzuräumende Leistungsfrist oder die bei Wohnungsmieten im Voll und im Teilanwendungsbereich des MRG relevante Fiktion des Fortbestehens des Bestandverhältnisses gemäß § 34 Abs 2, § 35 Abs 1 MRG nichts. Auch in diesen Fällen gerät der Mieter in Schuldnerverzug, stellt er das Bestandobjekt nicht zum Beendigungszeitpunkt an den Vermieter zurück (Lovrek, Schadenersatz für Prozesshandlungen im Wohnrecht, wobl 2000, 281 [283 f]).
Kommt die Fiktion gemäß § 34 Abs 2, § 35 Abs 1 MRG zum Tragen, hat der Vermieter für deren Dauer weiterhin Anspruch auf den vertraglichen Mietzins (7 Ob 256/98t; RIS Justiz RS0030286), für die Zeit einer allfälligen weiteren titellosen Benützung auf Zahlung eines auf § 1041 ABGB gestützten Benützungsentgelts (6 Ob 641/94; RIS Justiz RS0030282). Trifft den Mieter an der verzögerten Rückstellung ein Verschulden, kommt überdies ein Schadenersatzanspruch des Vermieters in Betracht (7 Ob 614/94; 7 Ob 115/97f = wobl 1998/160 [Iro]; 7 Ob 256/98t; Iro aaO §§ 1109 1110 Rz 4).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist bei der gebotenen Interessenabwägung nach § 879 Abs 3 ABGB für die zu beurteilende Klausel von folgenden Überlegungen auszugehen:
a) Der Oberste Gerichtshof hat bereits klar zum Ausdruck gebracht, dass das Interesse des Vermieters an der zeitgerechten Rückgabe des Bestandobjekts schützenswert ist, um ihm die weitere, gegebenenfalls auch bessere Verwertung des Bestandobjekts zu ermöglichen (7 Ob 115/97f). Dem steht das Interesse des Mieters gegenüber, seine Wohnmöglichkeit nicht ohne weiteres aufzugeben, vor allem, wenn aus seiner Sicht etwa ein Endtermin nicht wirksam vereinbart wurde oder die vom Vermieter erklärte Vertragsauflösung unberechtigt ist (vgl dazu Lovrek aaO 281). Beruhen die entsprechenden Einwände des Mieters (und die darauf gegründete Verzögerung der Rückstellung) auf einer vertretbaren Rechtsansicht, so fehlt es ihm aber zumeist ohnedies am Verschulden (Lovrek aaO 284), sodass die Konventionalstrafe nach dem letzten Satz der Klausel nicht verfällt.
b) Der typische Schaden, der dem Vermieter infolge verzögerter Rückstellung entstehen kann, wird idR darin liegen, dass er das Bestandobjekt bei rechtzeitiger Räumung zu einem höheren Bestandzins vermieten hätte können (vgl 7 Ob 614/94; auch 7 Ob 115/97t [Schaden durch verzögerten Verkauf]; Lovrek aaO 286).
Berücksichtigt man die übliche Dauer eines Kündigungs oder Räumungsstreits, erscheint die Höhe von drei Bruttomonatsmieten nicht unangemessen. Die vom Berufungsgericht angenommene Zahlungspflicht bei nur geringen Verzögerungen (im Extremfall nur von einem Tag) fällt demgegenüber zu Lasten des (ehemaligen) Mieters weniger ins Gewicht, könnte er doch eine angemessene Berücksichtigung dieses Umstands im Rahmen des zwingenden Mäßigungsrechts erwirken. Dabei ist zu bedenken, dass die Geringfügigkeit der Verzögerung auch die Höhe eines allfälligen Schadens gering halten wird.
c) Die Wortfolge „nicht zum vereinbarten oder gerichtlich festgesetzten Räumungstermin übergeben wird“ könnte zwar bei kundenfeindlichster Auslegung dahin verstanden werden, dass der Vermieter zur Begründung seines Anspruchs auf die Konventionalstrafe auch bei gerichtlich festgesetztem (und eingehaltenen) Räumungstermin wahlweise auf den vereinbarten (aber nicht eingehaltenen) Räumungstermin abstellen kann. Selbst wenn dem so wäre, würde dies den (ehemaligen) Mieter aber im Hinblick auf die in Punkt 6.4.2 dargestellte Rechtslage nicht gröblich benachteiligen. Darüber hinaus bezieht sich diese Formulierung wohl auch für den durchschnittlichen Mieter erkennbar nur auf die beiden möglichen Szenarien, nämlich die verzögerte Rückstellung entweder nach Befassung oder ohne vorherige Befassung des Gerichts.
d) Durch die Vereinbarung einer Konventionalstrafe tritt allerdings eine Verlagerung der Beweislast zu Ungunsten des (ehemaligen) Mieters ein. Während diesem im Schadensfall gemäß § 1298 ABGB jedenfalls der Beweis seines fehlenden Verschuldens obliegt, hat der Vermieter die Kausalität und den Eintritt eines Schadens sowie dessen Höhe zu beweisen (Lovrek aaO 283). Bei einer nicht ausdrücklich auch für den Fall einer unverschuldeten Verzögerung vereinbarten Konventionalstrafe trifft den (ehemaligen) Mieter zwar weiterhin die Beweislast für sein fehlendes Verschulden (RIS Justiz RS0017471), nun aber auch die Behauptungs und Beweislast für das Vorliegen von Mäßigungskriterien, wozu auch die unbillige Höhe der Konventionalstrafe gehört. Dies schließt den Beweis mit ein, dass der tatsächlich erwachsene Schaden unverhältnismäßig geringer ist, als der bedungene Vergütungsbetrag (7 Ob 281/08m mwN; RIS Justiz RS0032195; Reischauer in Rummel, ABGB³ II/2b § 1336 Rz 18). Im Rechtsstreit würde eine Negativfeststellung zum Vorliegen eines Schadens des Vermieters daher zu Lasten des Mieters gehen (vgl Reischauer).
Diese dem Schuldner nachteilige Rechtsfolge ist jedoch dem Wesen der Konventionalstrafe immanent und deshalb in Kauf zu nehmen. Würde man allein darin eine gröbliche Benachteiligung des Konventionalstrafenschuldners sehen, wäre dieses Rechtsinstitut seiner Wirkung beraubt. Die sachliche Rechtfertigung für das Abweichen von der sonst herrschenden Beweislastverteilung ist vielmehr im eingangs erörterten Zweck der Konventionalstrafe (Pauschalierung; Druckmittel) zu sehen.
Bei Abwägung aller Umstände verstößt die Klausel somit nicht gegen § 879 Abs 3 ABGB.
Auch die von der klagenden Partei gerügte Verletzung des Transparenzgebots des § 6 Abs 3 KSchG wegen Nichterwähnung des Mäßigungsrechts liegt nicht vor. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in 7 Ob 230/08m (einem Verbandsprozess) entschieden hat, vermag dieser Umstand nicht zur Intransparenz einer die Vereinbarung einer Konventionalstrafe enthaltenden Klausel zu führen. Begründet wurde dies damit, dass nach herrschender Rechtsprechung schon die Bestreitung des Anspruchs auf Zahlung einer Entschädigung im Prozess genüge, um die Verpflichtung des Gerichts zur Prüfung von Mäßigungskriterien auszulösen (7 Ob 230/08m mwN). Daran ist festzuhalten.