Neues zu Verträgen im Einkaufszentrum

Neues zu Verträgen im Einkaufszentrum

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Miete oder Pacht? Die ewige Frage: Eine soeben veröffentlichte Entscheidung des OGH bringt Neues im Zusammenhang mit Bestandverträgen in Einkaufszentren. Der OGH (3. Senat) hatte einen konkreten Vertrag als Miete qualifiziert und eine Aufkündigung ohne wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des MRG für unwirksam erklärt. Die Entscheidung hat Bedeutung über den Einzelfall hinaus.

Der OGH hat den verfahrensgegenständlichen Vertrag zusammengefasst aus folgenden Gründen als Mietvertrag qualifiziert:

die Parteien können zwischen Miete und Pacht frei wählen (Anmerkung: sofern MRG nicht gesetzlich zwingend),
eine vereinbarte Betriebspflicht allein ist für die Bewertung als Pacht nicht ausschlaggebend,
bei Bestandverträgen über Geschäftsräume sind die Anforderungen an die Annahme einer Unternehmenspacht strenger, wenn das darin zu betreibende Unternehmen noch gar nicht besteht,
dem „Partnervertrag“ (Anmerkung: etwa gemeinsame Werbung, etc) kommt keine entscheidende Bedeutung zu,
es wurde kein umsatzabhängiger Bestandzins und auch keine Verpflichtung zur Rückstellung eines lebenden Unternehmens vereinbart,
der vom Vermieter verfasste (Formular-)Vertrag bezieht sich mehrfach auf Bestimmungen des MRG, etwa durch
die Bezeichnung als „Untermiete“,
den Verweis auf die Teilanwendung des MRG,
die Vereinbarung einer Befristung, wie sie nur im MRG möglich war (Anmerkung: der Vertragsabschluss erfolgte noch vor der Liberalisierung der Befristung bei Geschäftsräumen),
den Verweis auf das MRG gerade auch im Zusammenhang mit der Beendigung des Vertrags.

OGH 26.7.2006, 3 Ob 253/05k

Rechtssatz dieser Entscheidung:

(gekürzt, enthält auch eine interessante Zusammenfassung der bisherigen Literatur und Judikatur)

…..

Für den hier zu beurteilenden Fall kommt der erkennende Senat nach Würdigung der wesentlichen Umstände zu folgendem Ergebnis:

Wenn die Entscheidung zweiter Instanz – scheinbar durchaus im Einklang mit der überwiegenden neueren Rsp – allein die vereinbarte Betriebspflicht als ausschlaggebend angesehen hat, kann ihr letztlich nicht zugestimmt werden. Dabei ist vorerst davon auszugehen, dass die Parteien – soweit die Voraussetzungen für Miete und Pacht vorliegen – zwischen den Typen frei wählen können, wenn die vereinbarten Rechte und Pflichten mit dem gewählten Vertrag nicht in Widerspruch stehen.

Nach mehreren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs sind bei Bestandverträgen über Geschäftsräume, wenn das darin zu betreibende Unternehmen noch gar nicht besteht, die Anforderungen an die Annahme einer Unternehmenspacht strenger; verlangt wird, dass der Bestandgeber alle wesentlichen Grundlagen des künftigen Unternehmens zur Verfügung stellt (u.a. 4 Ob 249/97i mwN). Im vorliegenden Fall übergab der Bestandgeber dem Bestandnehmer nur „nackte“ Geschäftsräume, die er selbst einzurichten hatte. Dagegen spricht die Organisation des EKZ durch den Bestandgeber eher für Pacht. Dem nicht im Einzelnen inhaltlich festgestellten „Partnervertrag“ und den im Untermietvertrag statuierten Gemeinschaftsverpflichtungen kommt dagegen keine für die Typenentscheidung wesentliche Bedeutung zu, weil solche Vereinbarungen ohne weiteres auch mit Mietern geschlossen werden können.

Von Bedeutung ist weiters, dass hier gerade kein umsatzabhängiger Bestandzins und auch keine Verpflichtung zur Rückstellung eines lebenden Unternehmens vereinbart wurde. Mehrfach bezieht sich der vom Vermieter verfasste (Formular-)Vertrag auf Bestimmungen des MRG, und zwar gerade auch im Zusammenhang mit der Beendigung des Vertrags.

Dazu kommt die Bezeichnung „Untermietvertrag“, die schon deswegen nicht mit dem Argument abgetan werden kann, dass eine falsa demonstratio, also eine Falschbezeichnung des übereinstimmend Gemeinten, unerheblich sei, weil nur ein solcher Vertrag mit einer wirksamen Befristung abgeschlossen werden konnte. Gerade eine Vertragsdauer von fünf Jahren wie im vorliegenden Vertrag ist die längste mögliche Befristung nach § 29 Abs 1 Z 3 lit d MRG in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung. Das deutet – vor allem im Zusammenhang mit der zusätzlichen Festlegung von Kündigungsgründen unter Anführung der entsprechenden Bestimmungen des MRG zugunsten des Vermieters ungeachtet des befristeten Bestandverhältnisses – auf einen übereinstimmenden Parteiwillen in Richtung Miete.

Der vorliegende konkrete Vertrag weicht wesentlich von jenen ab, die in der zitierten Literatur beschrieben werden. Die Bezugnahme auf das MRG und auch ausdrücklich auf dessen § 1 Abs 4 Z 1 führt hier – jedenfalls während der ursprünglichen Vertragsdauer keineswegs zur Unwirksamkeit des Vereinbarten, vielmehr zu einem – geht man nicht von der Miete des gesamten Gebäudes durch die Bestandgeberin aus – allein möglichen befristeten, durch bloßen Zeitablauf endenden Untermietverhältnis. Dies war eine für beide Seiten auch durchaus sinnvolle Vereinbarung, zumal der Bestandgeber eben zusätzlich noch Kündigungsmöglichkeiten
aus wichtigem Grund eingeräumt erhielt.

Damit ist insgesamt der von den Parteien 1992 abgeschlossene Vertrag, dessen Dauer diese 1998 einverständlich verlängerten, als – und zwar unbefristeter – Miet-, allenfalls Untermietvertrag zu qualifizieren. Wie dargelegt führt diese Beurteilung mangels einer auf Kündigungsgründe nach § 30 MRG gestützten Aufkündigung zur Abweisung des Klagebegehrens.