OGH kippt weitere Mietvertragsklauseln

OGH kippt weitere Mietvertragsklauseln

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Der OGH hat neuerlich bestimmten Klauseln in Mustermietverträgen eine klare Absage erteilt. Überprüft wurden Bestimmungen, mit denen der Mieter bestimmten Versicherungsverträgen zustimmte und mit denen die Erhaltungspflicht auf den Mieter überwälzt wurde.

Achtung: Wir empfehlen dringend, dass Sie die von Ihnen verwendeten Vertragsmuster im Lichte dieser Entscheidung zu überarbeiten!

Zur ersten Entscheidung über verbotene Klauseln

Die Ausgangslage der neuen Entscheidung:

Überprüft wurde ein Vertragsformblatt der Fachgruppe Wien der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, welches für den Abschluss von Mietverträgen mit Verbrauchern, insbesondere für den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes, empfohlen wurde.

Überprüft wurden folgende Klauseln:

Klausel 1:

„Der Mieter stimmt dem Abschluss, der Erneuerung oder der Änderung von Verträgen über die angemessene Versicherung des Hauses gegen zum Beispiel Glasbruch-, Sturmschäden … zu bzw tritt den bestehenden Vereinbarungen bei.“

Der OGH auszugsweise zur Klausel 1:

Die Klausel legt nicht offen, dass ohne Zustimmung der Mietermehrheit die anteiligen Versicherungsprämien aus einer Glasbruch- und Sturmschadenversicherung gem. § 21 Abs 1 Z 6 MRG nicht als Betriebskosten eingehoben werden könnten.

Das dem Mieter zustehende Wahlrecht, das insbesondere bei Vorhandensein von stattlichen Mietzinsreserven, aus denen die ansonsten versicherten Schäden bezahlt werden könnten, den Mieter von der Zustimmung zum Abschluss entsprechender Versicherungen abhalten könnte, wird ihm nicht offen gelegt. Der Mieter wird somit nicht in klarer und durchschaubarer Weise über seine Rechte informiert, sondern über die Tragweite seiner Einwilligung bzw. Zustimmung im Unklaren gelassen.

… kann der durschnittlich begabte Verbraucher nicht erkennen, dass sich als Konsequenz seiner Zustimmung oder Beitrittserklärung eine erhöhte Betriebskostenbelastung ergibt oder ergeben kann. Insbesondere wird er über die alternativen Möglichkeiten, wie die Bezahlung der zu versichernden Schäden sonst erfolgen könnte (aus Mietzinsreserven oder im Wege der Mietzinserhöhung gemäß § 18 MRG), nicht aufgeklärt.

Klausel 2:

„Der Mieter hat den Mietgegenstand und die für den Mietgegenstand bestimmten Einrichtungen und Geräte, wie im Besonderen die Elektroleitungs-, Gasleitungs-, Wasserleitungs-, Beheizungs- und sanitären Anlagen sowie Gas- und Elektrogeräte und Öfen, zu warten sowie insoweit in Stand zu halten und zu erneuern (insbesondere auch die Erneuerung von Warmwasser-/Heizgeräten und dergleichen), als es sich nicht um ernste Schäden des Hauses handelt. Die Wartungs- und Instandhaltungspflicht erstreckt sich auch auf vorhandene Antennenanlagen.“

Der OGH auszugsweise zur Klausel 2:

Die Klausel zielt somit darauf ab, dem Mieter die Erhaltungspflicht für den bedungenen Gebrauch aufzuerlegen.

Jedenfalls außerhalb der vollen Anwendbarkeit des MRG ist es grundsätzlich zulässig, die Pflicht zur Instandhaltung des Bestandgegenstands auf den Bestandnehmer zu überwälzen (6 Ob 42/02 y mwN; Würth in Rummel, ABGB³ § 1096 Rz 5). Inwieweit dies auch auf den Vollanwendungsbereich des MRG zuträfe, muss hier nicht erörtert werden, zumal die Unwirksamkeit der in Beschwerde gezogenen Klausel schon bei Mietverträgen, die (nur) in den Teilanwendungsbereich des MRG fallen, gegeben ist.

Gemäß § 3 Abs 1 Satz 2 MRG bleibt „im Übrigen § 1096 ABGB unberührt“. Nach § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB wird der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maß der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit, wenn das Bestandstück bei der Übergabe derart mangelhaft ist oder es während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft wird, dass es zu dem bedungenen Gebrauch nicht tauft. In dieser Regelung ist nach ständiger Rechtsprechung eine dem Wesen des Bestandverhältnisses angepasste Gewährleistungsbestimmung besonderer Art zu sehen (RIS-Justiz RS0021326, RS0021286). Gemäß § 9 Abs 1 KSchG in der Fassung des GewRÄG, BGBl I 2001/48, können Gewährleistungsrechte des Verbrauchers (§§ 922 bis 933 ABGB) vor Kenntnis des Mangels nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Der Klammerausdruck war in der alten Fassung nicht enthalten, sodass allgemein die Auffassung vertreten wurde, dass von § 9 KSchG alle gesetzlichen Gewährleistungsansprüche, die für Verbrauchergeschäfte beachtlich sein können, umfasst werden, also auch der Anspruch nach § 1096 ABGB. Diese Ansicht ist für § 9 KSchG nF aufrecht zu erhalten, da sich kein Hinweis darauf ergibt, dass der Gesetzgeber eine Einschränkung des Konsumentenschutzes habe vornehmen wollen (7 Ob 78/06 f mwN).

Wird der Mieter – wie hier durch die inkriminierte Klausel – generell zur Wartung, Instandhaltung und Erneuerung aller für den Mietgegenstand bestimmten Einrichtungen und Geräte verpflichtet, dann bedeutet dies, dass das im § 1096 Abs 1 zweiter Satz festgelegte Zinsminderungsrecht des Mieters nie zum Tragen kommen könnte, hat er doch in jedem Fall – also auch dann, wenn ohne Schuld des Bestandnehmers ein Mangel am Bestandobjekt auftritt, der dieses zum bedungenen Gebrauch untauglich macht – die notwendigen Maßnahmen auf seine Kosten vorzunehmen. Wird die Pflicht zur Erhaltung des Mietobjektes generell auf den Mieter überwälzt, dann kann er sich auch nicht auf die Unbrauchbarkeit des Mietgegenstandes berufen, was aber Voraussetzung für einen Zinsminderungsanspruch wäre (vgl 7 Ob 78/06 f). Durch die positive Festlegung der generellen Erhaltungspflicht des Mieters werden implizit dessen Gewährleistungsrechte ausgeschlossen. Da einem Verbraucher gegenüber Gewährleistungsrecht (beim Bestandvertrag die Zinsminderung) im Voraus nicht ausgeschlossen werden können, widerspricht die Klausel § 9 Abs 1 KSchG und ist schon deshalb unwirksam. Ob diese Klausel auch noch aus anderen Gründen unwirksam wäre, bedarf hier keiner Erörterung.

OGH vom 27.03.2007, 1 Ob 246/06g