Treuhänder und Bank
News 0 KommentareSchadenersatz der Bank bei nicht gedecktem Treuhandkonto? Aus Anlass der Entscheidung des OGH vom 16.02.2005, 7 Ob 8/05k (siehe gleich) ein kurzer Überblick über das Spannungsverhältnis zwischen Treuhänder und Bank, insbesondere zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Bank mit auf einem Konto des Treuhänders eingehenden Beträgen aufrechnen oder diese debetsenkend zu Gunsten des Treuhänders verbuchen kann, bzw. inwieweit die Bank für ein nicht gedecktes Treuhandkonto dem Treugeber gegenüber haftbar ist.
Rechtsverhältnis nur zwischen Treuhänder und Bank:
Bei der Vollrechtstreuhand ist ausschließlich der Treuhänder gegenüber der Bank berechtigt und verpflichtet (OGH, 1992/01/29, 1 Ob 515/92 = EvBl 1992/89 S 411 = ÖBA 1992,940). Die Bank steht mit dem Treugeber (also jenem, zu diesen Gunsten der Kontoinhaber das Geld verwaltet) in keiner Geschäftsbeziehung. Der Treugeber hat keine Verfügungsberechtigung über das Konto (OGH, 1980/01/23, 3 Ob 558/79 = EvBl 1980/162 S 488).
Offenlegung des Treuhandverhältnisses:
Bei der Beurteilung, ob es sich um ein offenes Treuhandkonto handelt, kommt es – wie auch sonst im Vertragsrecht – auf den erkennbaren Willen der Parteien an, also insbesondere darauf, ob die Bank wusste oder wissen musste, dass ein Treuhandkonto gebildet werden soll, und sie sich dar-auf einließ. (OGH, 2004/02/25, 9 Ob 128/03v).
Die Offenlegung des Treuhandverhältnisses hat den Sinn, die Bank darauf aufmerksam zu ma-chen, dass es sich bei den Werten auf dem Treuhandkonto um fremdes Vermögen handelt und dies auch im Verhältnis zwischen Bank und Treuhänder respektiert werden soll. Die Bank kann daher nicht mit persönlichen Forderungen gegen den Treuhänder, die nicht durch Verfügung über das Konto entstanden sind, gegen Forderungen aus dem Konto aufrechnen (OGH, 1993/03/23, 5 Ob 28/93 = ÖBA 1993,726).
Wenn einer Bank nicht erkennbar ist, dass es sich um ein Treuhandkonto handelt, liegt ihr gegenüber zwar kein offenes Vollmachtstreuhandkonto, sondern nur ein sogenanntes Eigenkonto vor, das bedeutet aber nicht, dass dieses verdeckte Treuhandkonto nicht auch ihr gegenüber Wirkun-gen der Treuhandschaft äußert (OGH, 2000/12/21, 2 Ob 329/00x).
Pflicht der Bank zu Nachforschungen:
Eine allgemeine Pflicht der Bank zu Nachforschungen über den Treuhandcharakter von Erlägen auf einem Eigenkonto beziehungsweise verdeckten Treuhandkonto zu bejahen, hieße deren Schutzpflichten und Sorgfaltspflichten zugunsten dritter, nicht in den Girovertrag einbezogenen Personen überspannen. Bei sachgerechter Abwägung zwischen den Rechten der Bank aus dem Girokontovertrag und den Rechten der Treugeber des Kontoinhabers ist die Pflicht der Bank zu Nachforschungen darüber, ob das Girokonto in Wahrheit ein verdecktes Treuhandkonto ist, aber auch – und zwar selbst dann, wenn der Bank bekannt ist, dass über das Girokonto auch Treuhandgelder fließen, – dahin, ob ein konkreter Geldfluss in Wahrheit Treuhandgelder betraf, zu verneinen.
Nur wenn die Bank konkret weiß, dass die auf einem Geschäftsgirokonto des Kontoinhabers eingehenden Beträge Treuhandgelder sind, darf sie weder von ihren Rechten nach P.23 der AGBKr Gebrauch machen, noch diese Beträge debetsenkend zu Gunsten des Kontoinhabers (Treuhänders) verbuchen; in einem solchen Fall handelt sie insoweit rechtswidrig und schuldhaft.
Ist die Bank nur deshalb in Unkenntnis davon, dass eingegangene Beträge Treuhanderläge sind, weil sie geeignete Nachforschungen darüber unterließ, so ist eine solche Unkenntnis dem positiven Wissen davon nicht gleichzuhalten. Die Kenntnisse der Bank müssen sich vielmehr darauf erstrecken, dass der konkrete Erlag ein Treuhanderlag ist. Das Wissen der Bank allein darum, dass über das (als Eigenkonto eingerichtete) Girokonto auch Treuhanderläge fließen, reicht zur Begründung von Schadenersatzansprüchen des Treugebers gegen die Bank für sich noch nicht aus (OGH 2000/12/19, 1 Ob 143/00m = SZ 73/201).
Aber: Auf Grund der Zusammenführung eines Eigenkontos mit einem Anderkonto durch die Bank mit dem Wissen, dass auch Fremdgelder auf das „zusammengeführte“ Konto (Girokonto) fließen werden, besteht eine Verpflichtung der kontoführenden Bank, Erläge zu kontrollieren, um die unrechtmäßige Manipulation mit Fremdgeldern auszuschließen.
Eine nachträgliche Aufdeckung des Treuhandcharakters des Kontos gegenüber der Bank führt zur Beseitigung der Sicherungsrechte (Aufrechnung, Pfandrecht, Zurückbehaltung) nur für zukünftige persönliche Forderungen gegen den Treuhänder; die Bank kann dann keine neue Aufrechnungslage begründen und kein Pfandrecht mehr an der Forderung erwerben, da sie sich dem Einwand der Sittenwidrigkeit aussetzt, weil sie wissentlich in eine wirtschaftlich fremde Rechtsstellung ein-greifen würde (OGH, 2005/02/16, 7 Ob 8/05k).
Überwachung des Treuhänders durch die Bank:
Die Bank ist mangels gegenteiliger Vereinbarung nicht verpflichtet, den Treuhänder zu überwa-chen. Sie haftet daher auch nicht, wenn der Treuhänder bei Verfügungen über das Treuhandkonto gegen die Treuhandverpflichtung verstieße, es sei denn, die Bank setzte dabei ein deliktisches Verhalten (OGH, 1993/03/23, 5 Ob 28/93 = ÖBA 1993,726).
Hat die Bank Kenntnis von der treuhänderischen Bindung des Kontos erlangt, darf sie Verfügungen des Treuhänders, die dieser offensichtlich zuwiderlaufen, nicht zulassen, will sie nicht die Unwirksamkeit (§ 879 ABGB) und eventuell Schadenersatzansprüche nach § 1295 Abs 2 ABGB riskieren (OGH, 2005/02/16, 7 Ob 8/05k).