Zivilverfahrens-Novelle 2009, ZVN

Zivilverfahrens-Novelle 2009, ZVN

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Die ZVN 2009 tritt am 01.04.2009 in Kraft. Die Novelle enthält einen bunten Strauß von Neuerungen. Hier wird nur die Neuregelung der Wirkung verspäteter Aufkündigungen behandelt.

Ausgangspunkt der Neuregelung ist die Wohnrechtsnovelle 2006. Mit dieser wurde in § 33 Abs. 1 MRG eine Regelung eingefügt, wonach eine Kündigung, die dem Vertragspartner erst nach Beginn der für den genannten Kündigungstermin einzuhaltenden Kündigungsfrist – also verspätet – zugeht, ihre Wirkung für den ersten späteren Kündigungstermin entfaltet, für den die Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Zugangs noch offen ist. Der nochmalige Aufwand für den Fall des verspäteten Zugangs der Kündigung an den Vertragspartner sollte dem Kündigenden durch diese Neuerung erspart bleiben. Dabei wurde es jedoch verabsäumt, die neue Regelung über die Wirksamkeitsverschiebung bei verspätetem Kündigungszugang mit den Bestimmungen des § 563 und des § 564 Abs. 2 ZPO abzustimmen. Die Neuregelung schafft hier Abhilfe.

Da die Änderung in der ZPO (und nicht nur im MRG) vorgenommen wird, erfolgt eine umfassende Neuregelung für sämtliche unbewegliche Sachen und auch für Pachtverträge, nicht nur für Bestandgegenstände, die teilweise dem MRG unterliegen.

§ 563 ZPO wird neu gefasst, gleichzeitig erfolgt eine entsprechende Anpassung des § 33 Abs 1 MRG. Die neue Bestimmung lautet:

„§ 563. (1) Eine gerichtliche Aufkündigung muss vor Beginn der für den darin genannten Kündigungstermin gemäß § 560 Abs. 1 Z 1 und 2 einzuhaltenden Kündigungsfrist bei Gericht angebracht werden. Nach Fristbeginn angebrachte Aufkündigungen sind von Amts wegen durch Beschluss zurückzuweisen. Hingegen sind vor Fristbeginn angebrachte Aufkündigungen dem Gegner auch dann zuzustellen, wenn die Zustellung nicht mehr vor Beginn der Kündigungsfrist bewirkt werden kann.

(2) Eine gerichtliche Aufkündigung ist für den darin genannten Kündigungstermin wirksam, wenn sie dem Gegner vor Beginn der für diesen Kündigungstermin gemäß § 560 Abs. 1 Z 1 und 2 einzuhaltenden Kündigungsfrist zugestellt wird oder wenn der Gegner bei verspäteter Zustellung gegen sie keine Einwendungen erhebt oder die Verspätung nicht rügt. Wenn der Gegner die Verspätung aber rügt, ist die Aufkündigung für den ersten späteren Kündigungstermin wirksam, für den die Frist zum Zeitpunkt ihrer Zustellung noch offen war.“

In den folgenden Bestimmungen der ZPO wurden entsprechende notwendige Anpassungen vorgenommen, wobei künftig auch die Kündigungsklage (§ 567 Abs 4) entfällt.

Anmerkung:

Ausschlaggebend ist, ob die Aufkündigung vor oder nach dem Beginn der Kündigungsfrist bei Gericht eingebracht wurde. Unter der „Anbringung bei Gericht“ ist die „Einbringung“ im allgemeinen zivilprozessualen Sinn gemeint, sodass die Tage des Postlaufs nicht zu berücksichtigen sind. Es kommt also für die Rechtzeitigkeit der „Anbringung“ nicht auf das Einlangen des Kündigungsschriftsatzes bei Gericht, sondern im Fall postalischer Übermittlung auf den Zeitpunkt der Postaufgabe an.

Verspätet angebrachte Aufkündigungen sind von Amts wegen zurückzuweisen.
Rechtzeitig angebrachte Aufkündigungen sind dem Gegner aber jedenfalls zuzustellen, unabhängig davon, ob die Zustellung voraussichtlich noch rechtzeitig vor Beginn der Kündigungsfrist erfolgen kann oder nicht.

Hinsichtlich der Wirkung der dem Gegner zugestellte Aufkündigung sind je nach dem Zeitpunkt der Zustellung und dem Verhalten des Kündigungsgegners drei Fallkonstellationen zu unterscheiden:

1. Die Zustellung der Aufkündigung erfolgt rechtzeitig vor Beginn der Kündigungsfrist: wenn der Gegner entweder keine Einwendungen anbringt oder mit diesen Einwendungen nicht durchdringt, ist die Aufkündigung zu dem in ihr genannten Kündigungstermin rechtswirksam.

2. Die Zustellung der Aufkündigung erfolgt verspätet nach Beginn der Kündigungsfrist: wenn der Gegner entweder keine Einwendungen anbringt oder zwar Einwendungen anbringt, aber die Versäumung der Kündigungsfrist nicht geltend macht, ist die Aufkündigung (im Fall der gerichtlichen Wirksamerklärung der Aufkündigung) trotz der verspäteten Zustellung zu dem in ihr genannten Kündigungstermin rechtswirksam.
Hier ist zu beachten, dass für die Geltendmachung der verspäteten Zustellung der Aufkündigung die Eventualmaxime nicht gilt. Es reicht also auch aus, wenn der Kündigungsgegner zunächst nur sonstige Einwendungen gegen die Aufkündigung erhebt und deren verspätete Zustellung erst im Laufe des Verfahrens geltend macht.

3. Die Zustellung der Aufkündigung erfolgt verspätet nach Beginn der Kündigungsfrist: wenn der Gegner diese Verspätung entweder bereits zum Gegenstand seiner Einwendungen macht oder im Laufe des Verfahrens (über sonstige Einwendungen) rügt, hat dies nicht die Unwirksamkeit der Aufkündigung zur Folge, sondern die Aufkündigung ist für den ersten späteren Kündigungstermin wirksam, für den die Frist zum Zeitpunkt ihrer Zustellung noch offen war

Dieser „spätere Kündigungstermin“ kann auch ein vertraglich vereinbarter Kündigungstermin sein, wenn die Vertragsparteien einen vom Gesetzesrecht abweichenden Kündigungstermin vereinbart hatten.

Korrespondierend zu diesen Änderungen wird auch § 33 Abs. 1 zweiter Satz MRG neu gefasst, sodass diese Neuregelungen auch für schriftliche Kündigungen des Mieters gelten.

In § 33 Abs. 1 MRG lautet der zweite Satz:
„Geht dem Vermieter eine schriftliche Kündigung des Mieters erst nach Beginn der für den darin genannten Kündigungstermin einzuhaltenden Kündigungsfrist zu, so ist sie für den ersten späteren Kündigungstermin wirksam, für den die Frist zu diesem Zeitpunkt noch offen war; für die gerichtliche Kündigung des Mieters sowie für die Kündigung des Vermieters gilt § 563 ZPO.“

Anmerkung:

Die mit der Wohnrechtsnovelle 2006 in den §§ 33 Abs. 1 MRG eingefügte Regelung über die zeitlich verschobene Wirkung einer dem Kündigungsgegner verspätet zugegangenen Kündigung wird mit der ZVN 2009 in das bestandrechtliche Mandatsverfahren transferiert. Dort hat diese Neuregelung allerdings nur für die gerichtliche Aufkündigung Gültigkeit. Für die nach § 33 Abs. 1 erster Satz MRG auch zulässige schriftliche Kündigung des Mieters bedarf es aber einer eigenen mietrechtlichen Regelung. Deshalb wird die bisherige Anordnung des § 33 Abs. 1 zweiter Satz MRG für diesen Sonderfall der schriftlichen Mieterkündigung aufrecht erhalten, dabei aber in der Formulierung auf diesen Sonderfall eingeschränkt und modifiziert. Im Übrigen – also für die gerichtliche Aufkündigung – wird auf den neuen § 563 ZPO verwiesen.