Betriebsanlage und WEG

Betriebsanlage und WEG

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Mit Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit wurde der Betreiberin einer „Arkadentankstelle“, einer in einer Wohnungseigentumsanlage eingebetteten Tankstelle, u.a. folgende Auflage gemäß § 79 GewO 1994 vorgeschrieben:

„Die offenen Verbindungen zwischen Tankstellenbereich und Müll- sowie Boilerraum des Wohnhauses sind brandbeständig zu verschließen. Eine mechanische Lüftungsanlage für den Müllraum und den Boilerraum ist zu installieren. Diese Lüftungsanlage ist so zu installieren, dass die Wohnungseigentümer die Absaugung nach Bedarf ein- und ausschalten können.“

Die Betreiberin der Tankstelle versuchte sich vor dem VwGH u.a. mit dem Argument zu wehren, die vorgeschriebene Installation einer Entlüftungsanlage für den Müll- und Boilerraum des Wohnhauses betreffe einen Bereich, der nicht zur Betriebsanlage gehöre. Der Boilerraum und der Müllraum gehörten zu den allgemeinen Teilen der Eigentumswohnhausanlage. Die vorgeschriebene Entlüftungsanlage diene nicht der Entlüftung der Tankstelle, sondern der Zufuhr von Frischluft zu den genannten allgemeinen Teilen der Wohnhausanlage. U.a. ergebe sich eine Rechtswidrigkeit der Auflage daraus, dass die Installation der Entlüftungsanlage von der Betreiberin nicht aus eigenem erfüllt werden könne, weil dazu die Mitwirkung der Wohnungseigentumsgemeinschaft erforderlich sei.

Fast erwartungsgemäß konnte der VwGH (Erkenntnis vom 16. 2. 2005, 2004/04/0123) diesem Argument nichts abgewinnen. Die vorgeschriebene Auflage verfolgt den Zweck, die Ausbreitung von Bränden über die genannten Öffnungen in einer Weise zu unterbinden, dass die – unstrittig notwendige – Be- und Entlüftung der genannten Räume erhalten bleibt. Die Auflage ist dazu geeignet und ausreichend bestimmt.

Dementsprechend wurde dem Einwand, dass es sich beim Müllraum und beim Boilerraum um allgemeine Teile der Eigentumswohnhausanlage – und daher nicht um Teile der Betriebsanlage – handle und daher die Errichtung einer Belüftungsanlage für diese Räume nur bei Mitwirkung der Wohnungseigentumsgemeinschaft möglich sei, entgegnet, dass es für die Frage der Rechtmäßigkeit einer dem Gewerbeinhaber vorgeschriebenen Auflage unbeachtlich ist, ob der Erfüllung der Auflage privatrechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung2 (2003), S. 566 f, Rz 15 zu § 77 GewO 1994 zitierte Rechtsprechung). Die Vorschreibung einer derartigen Auflage ist daher nicht rechtswidrig. (VwGH von 20050216, GZ 2004/04/0123, siehe auch LS 52 auf Seite 197).

Es steht der Vorschreibung von Maßnahmen nicht einmal entgegen, dass die Eigentümer der betroffenen Grundstücke nicht zur Duldung der Maßnahmen verpflichtet werden können. Der VwGH hat schon im Erkenntnis vom 13.11.1959, 378/59, ausgesprochen, dass es für die Rechtmäßigkeit einer – in einem gewerblichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ergangenen – Auflage nicht entscheidend sei, ob der Erfüllung der Auflage privatrechtliche Hindernisse (etwa Eigentumsrechte Dritter) entgegenstünden. Daran hat der Gerichtshof in mehreren Erkenntnissen festgehalten.

Die Betreiberin der Tankstelle wird gut beraten sein, alle zumutbaren Schritte zu unternehmen, um die Zustimmung der Wohnungseigentümer zur Umsetzung der Auflage zu erhalten und allfällige der Erfüllung des Auftrages entgegenstehenden zivilrechtlichen Hindernisse zu beseitigen.

Die Auflage normiert nämlich eine Verpflichtung der Betreiberin. Eine solche Verpflichtung ist vollstreckbar, ihre Nichterfüllung allenfalls strafbar (Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 413/1; siehe auch das Erkenntnis des VwGH vom 7. März 2000, 99/05/0266).

Gegen derartige Auflagen bestehen auch unter dem Gesichtspunkt der Vollstreckbarkeit keine Bedenken (siehe Erkenntnis des VwGH vom 15.9.1999, 98/03/0320).

Ist die Zustimmung aller Wohnungseigentümer zur baulichen Umsetzung der Auflage gemäß § 16 WEG 2002 nicht zu erreichen, so muss daher die Betreiberin im wohnungseigentumsrechtlichen Außerstreitverfahren die Duldung der Änderung erwirken. Diese darf weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben.

Wenn für die Umsetzung der Auflage auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden müssen, muss die Änderung überdies entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen.

Im Zusammenhang mit einer Auflage der Sanitätsdirektion an eine Apothekenbetreiberin (Errich-tung von Außenkühlgeräten zur Reduzierung der Raumtemperatur) hat der OGH bereits judiziert, dass die Erfüllung der Auflage jedenfalls einem wichtigen Interesse dient, da die Fortführung des Apothekenbetriebes ohne Erfüllung der behördlichen Auflagen gefährdet ist (OGH 27. 8. 2002, 5 Ob 128/02p, MietSlg 54.455 = MietSlg 54.083).

Dennoch stünde eine erhebliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen eines Miteigentü-mers der geplanten Änderung jedenfalls entgegen (RIS-Justiz RS 0083240, 0083188). Dies ist im konkreten Fall etwa dann durchaus vorstellbar, wenn die Lüftungsanlage einen Wohnungseigentümer über Gebühr durch ihre Lärmentwicklung belastet.

Eine schwierige Gradwanderung für die Betreiber von Gewerbebetrieben in Wohnungseigentumsanlagen.