Energielieferverträge – Kündigung durch Verbraucher
News 0 KommentareMieter und Wohnungseigentümer werden laufend mit Energielieferverträgen (Gas, Fernwärme, etc.) konfrontiert. In vielen dieser Verträge sind noch immer Regelungen enthalten, die den mündigen Kunden ratlos und verwirrt zurücklassen und mit denen sich die Unternehmen selbst keinen Gefallen tun. Ein kurzer Überblick.
§ 15 KSchG gilt für Verträge über wiederkehrende Leistungen von beweglichen körperlichen Sachen, Energie oder wiederholte Werkleistungen eines Unternehmers (Wartungsverträge, Service-vertäge, Entsorgungsverträge), wenn der Verbraucher zu wiederholten Geldzahlungen verpflichtet ist (OGH 2000/08/29, 1 Ob 160/00m). So gilt § 15 KSchG etwa für die wiederholte Lieferung von Flüssiggas (OGH 2003/04/23, 9 Ob 241/02k) oder für Verträge über die Lieferung von Fernwärme (OGH 2004/04/29, 8 Ob 130/03f).
Gemäß § 15 Abs. 1 KSchG können derartige Verträge, die für eine unbestimmte oder eine ein Jahr übersteigende Zeit geschlossen worden sind, vom Verbraucher unter Einhaltung einer zweimonatigen Frist zum Ablauf des ersten Jahres, nachher zum Ablauf jeweils eines halben Jahres gekündigt werden.
Diese für die liefernden Unternehmen, die ihre Investitionen in die Infrastruktur bezahlt sehen wollen, äußerst unangenehme Regelung, wird durch § 15 Abs. 3 KSchG entschärft. Erfordert nämlich die Erfüllung eines bestimmten derartigen Vertrages oder von solchen Verträgen mit einer Gruppe von bereits bestimmten einzelnen Verbrauchern erhebliche Aufwendungen des Unternehmers und hat er dies dem Verbraucher spätestens bei der Vertragsschließung bekanntgegeben, so können gem. § 15 Abs. 3 KSchG den Umständen angemessene, abweichende Kündigungstermine und Kündigungsfristen vereinbart werden. Solche abweichenden Vereinbarungen sind in den Lieferverträgen regelmäßig enthalten, nicht immer zur Freude der betroffenen Kunden. Die Beratungspraxis zeigt, dass viele Unternehmen jedoch verunglückte Vertragsbestimmungen einsetzen.
Ein Beispiel für eine solche missglückte Bestimmung:
„Der Bestandnehmer verzichtet auf die Dauer von 5 Jahren ab Vertragsbeginn auf eine Kündigung. Der Bestandnehmer nimmt durch seine Unterschrift unter diesen Vertrag zur Kenntnis, dass die Erfüllung des Vertrages für den Bestandgeber mit erheblichem Aufwand verbunden ist.“
Ein klarer Fall für den OGH und den Kunden, der Lieferant muss im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er den von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde gelegt und/oder in hierbei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung dieser oder sinngleicher Klauseln unterlassen und kann sich auf diese Klausel – soweit diese schon ge-schlossenen Verträgen mit Verbrauchern zugrunde gelegt wurden – nicht mehr zu berufen (OGH 2003/04/23, 9 Ob 241/02k, „Flüssiggas“).
Ebenso ist die Verpflichtung des Verbrauchers, bei Änderung der Besitz-, Eigentums- oder Miteigentumsverhältnisse an der Wohnung dafür zu sorgen, dass der Nachfolger in die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag mit dem Energieversorger eintritt, aus der Sicht dieses Energieversorgers wertlos, da sittenwidrig (OGH 2004/04/29, 8 Ob 130/03f, „Fernwärme“). Weitere Beispiele unterlassenswerter Vertragsbestimmungen ließen sich noch anführen.
Die Gretchenfrage ist also, was sind „erhebliche Aufwendungen“, wann und wie wurden diese dem Verbraucher bekannt gegeben und welche Kündigungstermine und Kündigungsfristen sind daher angemessen. In diesem entscheidenden Punkt bleiben viele Lieferverträge erstaunlich kursorisch, wenig informativ und werden dadurch angreifbar. Die betroffenen Unternehmen sind gut beraten, ihre Informationspflicht ernst und ausführlich wahrzunehmen, da nach der Judikatur des OGH vage Hinweise (siehe Beispiel oben) nicht ausreichen.
Es muss vielmehr erkennbar sein, welche besonderen Mehraufwendungen das Unternehmen treffen, wenn es mit einem bestimmten Verbraucher oder mit einer bestimmten Verbrauchergruppe abschließt. Die alleinige Bekanntgabe des Umstandes, dass die Erfüllung bestimmter Verträge erhebliche Aufwendungen des Unternehmers erfordere, erlaubt dem Verbraucher überhaupt keine Beurteilung der für die Kalkulation maßgeblichen Umstände vor Vertragsabschluss. Sie wird daher dem beabsichtigten Schutzzweck des § 15 KSchG nicht gerecht (OGH 2003/04/23, 9 Ob 241/02k).
Zwar dürfen die an die Information über die erheblichen Aufwendungen zu stellenden Anforderungen nicht überspannt werden, jedoch sind jedenfalls solche Angaben über die erforderlichen Aufwendungen erforderlich, die die angestrebte Bindungsdauer als nachvollziehbar und angemessen erkennen lassen (OGH 2004/04/29, 8 Ob 130/03f)