Ersitzung durch Besitzermittler
News 0 KommentareRedlichkeit aller Beteiligten erforderlich – die bisherige Judikatur des OGH zur Ersitzung durch Besitzmittler wird durch die Entscheidung des OGH vom 06.05.2008, 1 Ob 41/08 y (siehe Seite 344) auf interessante Weise vertieft.
Hintergrund war die Klage des Käufers einer Liegenschaft in Salzburg, welche eine vom restlichen Grundstück durch einen Zaun abgetrennte Zufahrtsstraße mitumfasste. An diese Liegenschaft grenzt ein Seegrundstück, welches im Eigentum des Landes Salzburg steht, in Badeplätze aufgeteilt und an verschiedene Personen verpachtet ist. Der Rechtsvorgänger des Käufers hatte 1951 an der Zufahrtstraße ein Schild „Privatbesitz – Durchgang bis auf Widerruf gestattet“ angebracht. Der Käufer begehrte die Feststellung, die Pächter seien nicht berechtigt, sich die Dienstbarkeit des Wege- bzw Zufahrtsrechts bzw ein aus der behaupteten Dienstbarkeit des Landes Salzburg abgeleitetes Wege- bzw Zufahrtsrecht dadurch anzumaßen, dass sie sein Grundstück betreten bzw befahren. Zugleich erhob er ein dementsprechendes Unterlassungsbegehren.
Hier eine kurze Zusammenfassung der Argumentation des OGH:
Voraussetzungen für die Ersitzung sind neben dem Zeitablauf echter und redlicher Besitz sowie Besitzwille. Juristische Personen treten durch ihre Machthaber auf, das heißt durch ihre gesetz- oder satzungsmäßigen Organe. Der Besitz juristischer Personen wird grundsätzlich nach der Redlichkeit oder Unredlichkeit der für sie handelnden Organe beurteilt. Deren guter Glaube ist zur Ersitzung eines Wegerechts erforderlich.
Im konkreten Fall übte das Land Salzburg seinen Sachbesitz am Seegrundstück durch seine Pächter als Besitzmittler aus. Neben den Pächtern kommen als Besitzmittler auch deren Familienmitglieder und Gäste in Betracht. Ob diese Stellvertreter oder Gehilfen sind, ist nicht entscheidend, einzig entscheidend ist, ob eine Hilfsperson bei der Ausübung des Besitzwillens für die juristische Person mitwirkt
Neben den Organen des Landes Salzburg müssen auch die Pächter der Seegrundstücke bzw die sonstigen Nutzer guten Glaubens gewesen sein, um zugunsten des Landes Salzburg ein Wegerecht zu ersitzen. Neben den Machthabern sind daher auch die Besitzmittler in die Redlichkeitsprüfung miteinzubeziehen.
Der Besitz muss während der gesamten Ersitzungszeit redlich sein, die Ersitzungszeit wird durch den Eintritt der Schlechtgläubigkeit unterbrochen. Gemäß § 328 ABGB gilt zwar im Zweifel die Vermutung für die Redlichkeit des Besitzes, der ursprüngliche vorhandene gute Glaube geht aber nicht nur dann verloren, wenn der Besitzer positiv Kenntnis erlangt, dass sein Besitz nicht rechtmäßig ist, sondern schon dann, wenn jemand auch nur Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Besitzes hegen musste, er also solche Umstände erfährt, die zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit seines Besitzes Anlass geben.
Die Redlichkeit der Besitzausübung durch die Pächter der Seegrundstücke und der sonstigen Wegbenützer ist ab jenem (noch innerhalb der Ersitzungszeit liegenden) Zeitpunkt zu verneinen, ab dem die Rechtsvorgängerin des Klägers die Hinweistafel „Privatbesitz – Durchgang bis auf Widerruf gestattet“ aufgestellt hatte. Diese Nutzungsbefugnis ermöglichte zwar, die gestattete Nutzung auszuüben, begründete jedoch kein Recht des dadurch Begünstigten („Scheinservitut“).
Bei Ersitzung einer Dienstbarkeit kann schon die Mitteilung des Rechtsstandpunkts des grundbücherlichen Eigentümers den guten Glauben des Ersitzungsbesitzers zerstören. Als solche Mitteilung ist die Tafel zu verstehen. Dass der damalige Grundeigentümer das Tor weiterhin offen stehen ließ und die Wegbenutzung nicht hinderte, tat seinem Rechtsstandpunkt keinen Abbruch.