Recht zum Antrag auf gerichtliche Nutzwertfestsetzung

Recht zum Antrag auf gerichtliche Nutzwertfestsetzung

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Die Abs. 3 und 4 des § 10 WEG 2002 lauten:

„(3) Sollen auf Grund einer gerichtlichen (§ 9 Abs. 2 und 3) oder einvernehmlichen (§ 9 Abs. 6) Nutzwertfestsetzung die Miteigentumsanteile geändert werden, so kann dies bei bereits einverleibtem Wohnungseigentum durch Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs. 1 GBG 1955 geschehen, sofern dies bei keinem der Miteigentumsanteile zu einer Änderung von mehr als 10 vH führt. Die Berichtigung kann von jedem der von der Änderung betroffenen Miteigentümer beantragt werden; einer Zustimmung der übrigen Miteigentümer oder Buchberechtigten bedarf es nicht. Bücherliche Rechte, die auf den Miteigentumsanteilen lasten, beziehen sich ohne weiteres auf die berichtigten Miteigentumsanteile.

(4) Liegen die im vorstehenden Absatz genannten Voraussetzungen einer Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs. 1 GBG 1955 nicht vor, so haben die Miteigentümer zur Änderung der Miteigen-tumsanteile entsprechend einer gerichtlichen oder einvernehmlichen Nutzwertfestsetzung gegenseitig Miteigen-tumsanteile in einem solchen Ausmaß zu übernehmen und zu übertragen, dass jedem Wohnungseigentümer der nun für sein Wohnungseigentumsobjekt erforderliche Mindestanteil zukommt. Mangels vereinbarter Unentgelt-lichkeit ist für die übernommenen Miteigentumsanteile ein angemessenes Entgelt zu entrichten. Die durch die einzelne Übertragung entstehenden Kosten und Abgaben hat der Miteigentümer zu tragen, dem ein Miteigen-tumsanteil übertragen wird. Jedoch können auch in diesem Fall die Anteile derjenigen Miteigentümer nach Abs. 3 berichtigt werden, die im Verhältnis zu keinem Miteigentümer, dessen Anteil um mehr als 10 vH geän-dert wird, Miteigentumsanteile zu übertragen oder zu übernehmen haben.“.

Anmerkung

Im künftigen Recht soll nicht mehr zwischen den einzelnen Fällen des § 9 Abs. 2 WEG 2002 unterschieden werden, sondern soll es für die Zulässigkeit einer Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 GBG 1955 ausschließlich darauf ankommen, ob eine explizit festgesetzte quantitative Grenze überschritten wird oder nicht. Diese Grenze wird mit zehn Prozent, bezogen auf jeden einzelnen Miteigentumsanteil, festgesetzt.

Wenn sich also durch die grundbücherliche Umsetzung der gerichtlichen oder der – nun neu eingeführten – einvernehmlichen Nutzwertfestsetzung auch nur ein Miteigentumsanteil in seiner Größe um mehr als zehn Prozent (gleich ob nach oben oder nach unten) veränderte, ist eine Berichtigung nach § 136 GBG 1955 – mit Ausnahme des im Folgenden noch zu besprechenden „Kombinationsfalls“ – nicht mehr zulässig.

Zu Abs. 3: bloße Berichtigung des Grundbuchs

Abs. 3 ist jenen Fällen gewidmet, in denen eine bloße Berichtigung des Grundbuchs möglich ist.

Dazu ist neben der Wahrung der dafür statuierten Grenze von zehn Prozent je Miteigentumsanteil auch Voraussetzung, dass an der Liegenschaft bereits Wohnungseigentum begründet wurde. Ist dies nicht der Fall, so kommt eine bloße Berichtigung der Miteigentumsanteile nicht in Betracht.

Dass der Antrag auf Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 GBG 1955 – unter der Voraussetzung, dass zumindest ein anderer Wohnungseigentumsbewerber bereits Miteigentum erworben hat – auch von einem Wohnungseigentumsbewerber gestellt werden kann, ergibt sich aus § 37 Abs. 5 letzter Satz WEG 2002 und braucht daher hier nicht gesondert angeordnet zu werden.

Zu Abs. 4: Übertragung von Miteigentumsanteilen

Der neue Abs. 4 ist jenen Fällen gewidmet, in denen eine Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 GBG 1955 nicht zulässig ist.

Dies ist der Fall, wenn entweder bisher noch kein Wohnungseigentum an der Liegenschaft begründet wurde oder bei zumindest einem der Miteigentumsanteile die gerichtliche oder einvernehmliche Nutzwertfestsetzung eine Änderung gegenüber dem früheren Nutzwertgutachten oder einer früheren Nutzwertfestsetzung im Ausmaß von mehr als zehn Prozent erbringt.

In diesem Fall gelten die bisherigen Regelungen über die Verpflichtung der Miteigentümer zur Übertragung von Miteigentumsanteilen zur jeweiligen Erreichung des erforderlichen Mindestanteils.

Diese Verpflichtung kann gegenüber der dafür bisher geprägten Bezeichnung „Ausgleichspflicht“ besser mit dem Begriff „Übertragungspflicht“ charakterisiert werden.

Die Regelung des bisherigen § 10 Abs. 4 WEG 2002, wonach im Fall einer Nutzwert(neu)festsetzung nach § 9 Abs. 2 Z 5 WEG 2002 die Übertragungspflicht zwischen den von der Änderung oder Übertragung betroffenen Wohnungseigentümern gilt, ist eine an sich nicht gesondert regelungsbedürftige Selbstverständlichkeit und ergibt sich bereits aus der allgemeinen Anordnung des neuen § 10 Abs. 4 WEG 2002; die Sonderregelung des bisherigen § 10 Abs. 4 WEG 2002 aF kann daher als entbehrlich entfallen.

Eine Klarstellung ist für den Fall angebracht, dass die Nutzwertänderung und damit auch die Änderung der Miteigentumsanteile ihren Grund in der Änderungsmaßnahme eines einzelnen Wohnungseigentümers gemäß § 16 WEG 2002 hatte. Diesfalls kann selbstverständlich nicht der einzelne Wohnungseigentümer, dessen Maßnahme die übrigen Wohnungseigentümer nach der zitierten Gesetzesstelle dulden müssen, für eine allenfalls notwendig werdende Anteilsübertragung noch ein angemessenes Entgelt gemäß § 10 Abs. 4 zweiter Satz WEG 2002 verlangen. Vielmehr hat ja er selbst gemäß § 16 Abs. 2 Z 3 WEG 2002 beeinträchtigte Wohnungseigentümer angemessen zu entschädigen. Diese Entschädigungsregel des § 16 WEG 2002 geht der Zahlungspflicht nach § 10 Abs. 4 zweiter Satz WEG 2002 vor.

„Kombinationsfall“

Im Begutachtungsverfahren wurde von zahlreichen Stellen der Wunsch geäußert, der Gesetzgeber möge doch auch eine Kombination von Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 GBG 1955 einerseits und Anteilsübertragung andererseits für jene Fälle zulassen, in denen sich beispielsweise nur bei einem oder zwei Miteigentumsanteilen eine Veränderung um mehr als zehn Prozent ergibt, die Veränderungen bei den anderen Miteigentumsanteilen aber unter der Zehn-Prozent-Grenze bleiben.

Diese Kombinationsmöglichkeit wurde – im Rahmen des rechtlich Machbaren – im neu angefügten letzten Satz des Abs. 4 eröffnet.

Sie geht freilich nicht so weit, dass die mit einer Anteilsübertragung kombinierte Berichtigung bei all jenen Miteigentumsanteilen in Betracht käme, die nur eine unter zehn Prozent liegende Veränderung erfahren. Noch eine zweite Voraussetzung muss hinzutreten, damit in diesem Kombinationsfall ein Miteigentumsanteil durch bloße Berichtigung verändert werden kann, nämlich dass der Anteil nichts zu der über zehn Prozent liegenden Veränderung eines anderen Miteigentumsanteils – durch Übertragung oder Übernahme eines Bruchteils – beizutragen hat.

Zum besseren Verständnis sei ein Beispiel gegeben:

Anteil A vergrößert sich um 12 %, wozu Anteil B durch Übertragung eines Bruchteils beizutragen hat, der bei Anteil B eine Veränderung um 5 % bewirkt, und Anteil C durch Übertragung eines Bruchteils beizutragen hat, der bei Anteil C eine Veränderung um 6 % bewirkt (die Summe der beiden Veränderungen von B und C muss ja nicht identisch mit jener von A sein, weil die Größe der prozentuellen Veränderung von der Ausgangsgröße des jeweiligen Miteigentumsanteils abhängig ist); bei den Anteilen E bis P ergeben sich Veränderungen jeweils unter zehn Prozent, die mit der Vergrößerung von Anteil A jeweils nichts zu tun haben; eine Berichtigung kann nur bei den Anteilen E bis P erfolgen; die Veränderungen bei den Anteilen A, B und C geschehen durch Anteilsübertragung.

Eine Übergangsbestimmung zur Neugestaltung von § 10 Abs. 3 und 4 WEG 2002 findet sich in § 58 Abs. 4 WEG 2002.