Wohnen im Regierungsprogramm
News 0 KommentareDas wenig Erstaunliche aber gleichzeitig Unbefriedigende an Regierungsprogrammen ist, dass sie nach wochen- und monatelangen Verhandlungen in vielen Bereichen nur mehr oder weniger konkrete Überschriften und Absichtserklärungen enthalten, die erst mit Leben erfüllt werden müssen. Das Regierungsprogramm der türkis-grünen Regierung enthält unter dem Kapitel „Wohnen“ eine Auflistung geplanter Maßnahmen, die teilweise eine Fortschreibung bisheriger Regierungsprogramme darstellt und die einige neue Akzente setzt. Hier ein kurzer Überblick:
- Investitionsanreize für Sanierungen und Neubau (insbesondere auch durch Abschluss eines neuen Finanzausgleichs ab 2022):
Dieses Kapitel setzt auf eine Ökologisierung der Bauwirtschaft, mit einem Vorrang von Nachverdichtung und Überbauung vor Versiegelung von Grünflächen, flächenoptimierten Bauweisen, Förderung umweltschonenden Bauens unter höchsten ökologischen Aspekten und einer besseren Leistbarkeit von Wohnraum. Österreich soll Spitzenreiter bei Energieeffizienz und der Verwendung ökologischer Baustoffe werden.
Die Vertragsraumordnung (zivilrechtliche Verträge in der Raumplanung) soll auf eine explizite verfassungsrechtliche Grundlage gestellt werden.
- Eigentumsbildung fördern:
Auch dieses Kapitel befasst sich mit der Schaffung leistbaren Eigentums und der Senkung der Baukosten, etwa durch bundesweit einheitliche technische Vorschriften, Rücknahme ineffizienter Standards und Normen oder der Beschleunigung der Bauverfahren.
Der Mietkauf als sozial orientierter Start ins Eigentum soll forciert werden, etwa durch die Verkürzung des Vorsteuerberichtigungszeitraums, die Transparenz der Kalkulation, die Schaffung eines Ansparmodells oder die Übernahme von Kreditkonditionen durch die Käufer.
- Baulandmobilisierung:
Das Instrument des Baurechts soll attraktiver gestaltet werden, grundsätzlich soll angestrebt werden, den Grundstücksbestand der öffentlichen Hand an Dritte hauptsächlich per Baurecht zu vergeben.
Mehrheitlich dem Bund gehörende Unternehmen sollen bei der Grundstücksverwertung von Bauland den geförderten Wohnbau besonders berücksichtigen.
- Wohnungseigentum:
Erklärtes Ziel ist auch die Modernisierung des WEG, auch mit einem ökologischen Schwerpunkt, etwa der Erleichterung der Beschlussfassung für Elektro-Tankstellen, Photovoltaik-Anlage, Maßnahmen zur Dekarbonisierung oder für Energieeffizienzmaß-nahmen aber auch der Einführung verpflichtender Rücklagen.
- Schaffung von leistbarem Wohnraum:
Unter dieser Überschrift werden verschiedene Ziele zusammengefasst, u.a. Wohnraum leistbarer zu machen, die Bildung von Eigentum zu erleichtern und Mieten günstiger zu gestalten.
Einmal mehr auf der Agenda steht eine umfassende Reform des Wohnrechts (MRG, WGG, WEG, ABGB, WBF) bis zum Ende der Legislaturperiode, wobei für die Novellierung des Mietrechts einige Ziele formuliert sind, wie etwa, Transparenz, Rechtssicherheit, leistbare Mieten, Wirtschaftlichkeit von Investitionen, Ökologisierung und als Einzelmaßnahme das „Right to Plug“.
- Wohnbauförderung:
Die Einnahmen und Rückflüsse der Wohnbauförderung sollen wieder für Wohnen zweckgewidmet werden. Sanierung und Nachverdichtung soll vor Neubau verstärkt gefördert werden.
- Leerstand & Mindernutzung:
Der Leerstand von Wohnungen soll durch verschiedene Maßnahmen mobilisiert werden, ein Verbot von Zweitwohnsitzen im Gemeindebau und im geförderten Mietverhältnis soll kommen.
- Maklerprovision nach dem Bestellerprinzip:
Die Kosten der Maklerin bzw. des Maklers bei Vermittlung von Mietwohnungen sollen von demjenigen übernommen werden, der den Auftrag gegeben hat.
Das Programm erscheint durchaus ambitioniert, um einige brennende Probleme im Bereich des Wohnens anzugehen. Die umfassende Reform des Wohnrechts wurde in Teilen schon von mehreren Regierungen angekündigt, ist aber eine Herkulesaufgabe. Es ist zu hoffen, dass die neue Justizministerin die Zeit und die Energie findet, den dringenden Reformprozess in die Wege zu leiten, damit der langjährige Reformstau in diesem Bereich aufgelöst werden kann.