Einschränkung bei den privilegierten Erhaltungsarbeiten

Einschränkung bei den privilegierten Erhaltungsarbeiten

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Gemäß § 1112 ABGB löst sich der Bestandvertrag von selbst auf, wenn die bestandene Sache zu Grunde geht. Ein Abbruchauftrag reicht dafür noch nicht, vielmehr ist Voraussetzung, dass die Baugebrechen, die zum Abbruchauftrag geführt haben, aus technischen Gründen nicht behoben werden können oder sie der Bestandgeber nicht behebt und hierzu auch nicht verpflichtet ist. Die entsprechende Beweispflicht trifft den Vermieter.

Gemäß § 3 Abs 3 Z 2 lit b MRG sind die „privilegierten“ Erhaltungsarbeiten nach Maßgabe ihrer bautechnischen Dringlichkeit zu reihen und durchzuführen. Demnach sind jedenfalls Arbeiten,
a) die kraft eines öffentlich-rechtlichen Auftrages vorzunehmen sind,
b) die der Behebung von Baugebrechen, die die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährden, dienen oder
c) die zur Aufrechterhaltung des Betriebes von bestehenden Wasserleitungs-, Lichtleitungs-, Gasleitungs-, Beheizungs- (einschließlich der zentralen Wärmeversorgungsanlagen), Kanalisations- und sanitären Anlagen erforderlich sind, vorweg durchzuführen.

Der OGH entschied in einem Räumungsvrfahren eines Hauseigentümers gegen den letzten im Haus verbliebenen Mieter (OGH 20.12.2006, 9 Ob 96/06 t).

Das Gebäude befand sich in einem verheerenden Erhaltungszustand (Setzungen und Schiefstellungen, Rissen in den Wänden, Kellergewölbe in seiner Tragfähigkeit beeinträchtigt). Zwar ist eine Sanierung der Fundierung mittels Nachgründung mit DSV-Säulen aus technischer Sicht möglich, jedoch können die vorhandenen Setzungsdifferenzen und die Schiefstellung nicht rückgängig gemacht werden.

Der Klägerin wurde mit rechtskräftigem Bescheid der Baubehörde aufgetragen, das Gebäude zu räumen und abtragen zu lassen. Gleichzeitig wurde die Bau- und Benützungsbewilligung für das Gebäude aufgehoben. Die Baubehörde begründete ihren Bescheid damit, dass sich der Gassentrakt des Hauses in einem derart gefährlich schlechtem Bauzustand befinde, dass die Sicherheit der Benützer des Gebäudes bedroht sei und auch durch einfache Sicherungsmaßnahmen auf längere Zeit nicht hergestellt und gewährleistet werden könne.

Die Wiederherstellung des Gebäudes nach § 7 MRG war nicht geboten.

Nach der Rechtsprechung (5 Ob 61/91, 5 Ob 1098/92 uva) ist ein Vermieter im Rahmen des § 3 Abs 3 Z 2 MRG zur Vornahme „privilegierter“ Erhaltungsmaßnahmen unabhängig von einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung verpflichtet.

Gemäß § 3 Abs 3 Z 2 lit b MRG besteht eine solche privilegierte Erhaltungspflicht zur Behebung von Baugebrechen, die die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährden.

Eine von Wirtschaftlichkeitsaspekten unabhängige Erhaltungspflicht des Vermieters hinsichtlich privilegierter Arbeiten besteht aber nach der Entscheidung des OGH nicht uneingeschränkt.

Gemeint sind damit nämlich Maßnahmen, die erforderlich sind, um eine unmittelbar
drohende Gefahr für die Sicherheit von Personen oder Sachen abzuwenden. Es soll also jener Zustand des bestehenden Hauses, bzw des Mietgegenstandes sowie der gemeinsamen Anlagen geschaffen werden, bei dem die genannten Gefahren nicht mehr bestehen (5 Ob 61/91), was regelmäßig nur eine vorläufige Sanierungsmaßnahme (5 Ob 70/98 = wobl 1990/83) bedeutet. Dieser Provisorialcharakter wird aber jedenfalls dann bei weitem überschritten, wenn – wie hier – nicht mit vorübergehend ausreichenden Maßnahmen, wie zB einer Pölzung, Abdichtung gegen eintretendes Wasser etc, das Auslangen gefunden
werden kann, sondern eine aufwändige Neuherstellung der Fundamente des Gebäudes erforderlich wird.

Selbst wenn die erheblichen Gebäudeschäden technisch beseitigt werden könnten, wäre für den Standpunkt des Mieters nichts gewonnen: In diesem Fall fände nämlich die Pflicht des Vermieters zur Erhaltung des Gebäudes, in dem das Bestandobjekt liegt, selbst im Anwendungsbereich des MRG ihre Grenze an der dann beachtlichen Unwirtschaftlichkeit (SZ 67/64 mwN).

Besteht somit, weil die Arbeiten nach § 3 Abs 3 MRG nicht finanzierbar und daher unwirtschaftlich wären, keine Verpflichtung des Vermieters zur Vornahme einer Sanierung der im Abbruchsbescheid genannten Gebäudeschäden, dann ist dieser als endgültig zu betrachten, was wiederum zum „rechtlichen Untergang“ des Mietobjekts iSd § 29 Abs 1 Z 2 MRG iVm § 1112 ABGB führt.