Kein Eintrittsrecht für Verwandte in absteigender Linie

Kein Eintrittsrecht für Verwandte in absteigender Linie

News , , 0 Kommentare

…in den Mietvertrag über eine Seniorenwohnung (§12 und 14 MRG).
Gesetzestext:

Dem § 12 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Ist der Mietgegenstand eine Seniorenwohnung, wurde im Mietvertrag die Bereitstellung einer Grundversorgung des Hauptmieters mit sozialen Diensten der Altenhilfe vereinbart und hatte der Hauptmieter bei Abschluss des Mietvertrags das 60. Lebensjahr bereits vollendet, so steht ihm das Recht der Abtretung der Hauptmietrechte an Verwandte in absteigender Linie einschließlich der Wahlkinder nicht zu. Eine Seniorenwohnung liegt vor, wenn sowohl die Wohnung als auch die allgemeinen Teile des Hauses, über die sie erreicht werden kann, eigens – etwa durch barrierefreie Zugänge, besondere sanitäre Einrichtungen oder besondere Sicherheits-einrichtungen – für ein altengerechtes Wohnen ausgestattet sind.“

In § 14 wird dem Abs. 3 folgender Satz angefügt:

„In dem in § 12 Abs. 3 genannten Fall sind Verwandte in absteigender Linie einschließlich der Wahlkinder nicht eintrittsberechtigt.“

Anmerkung:

Im Alter haben Menschen hinsichtlich ihres Wohnens häufig spezielle Bedürfnisse und Anforderungen. Wenn sie zur Führung eines eigenen Haushalts nicht mehr in der Lage sind, laufende Betreuung und Pflege brauchen und auch nicht von ihren Angehörigen versorgt werden können, müssen sie sich meist in ein Alten- oder Pflegeheim begeben.

Die mit den Trägern dieser Heime abgeschlossenen Verträge sind vom Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes durch dessen § 1 Abs. 2 Z 1 zur Gänze ausgenommen.

Für sie hat der Gesetzgeber mit dem Heimvertragsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2004) besondere – als §§ 27b ff. in das Konsumentenschutzgesetz eingefügte – Bestimmungen erlassen, die teilweise ähnliche Schutzkonzepte verfolgen wie das Mietrechtsgesetz (vgl. etwa die „Kündigungsschutznorm“ des § 27i KSchG), aber ausdrücklich die Aufhebung des Heimvertrags durch den Tod des Heimbewohners vorsehen, weil ein „Eintritt“ seiner Rechtsnachfolger in den Heimvertrag nicht sachgerecht wäre und regelmäßig den Interessen beider Seiten nicht entspräche.

In den vergangenen Jahren sind jedoch vermehrt auch Wohnformen für alte Menschen entstanden, die zwar auf die besonderen Bedürfnisse alter Menschen ausgerichtet sind, aber – weil die Bewohner zu einer eigenen Haushaltsführung (noch) in der Lage sind – kein solches Ausmaß an Betreuung und Pflege umfassen, wie es für die Qualifikation als „(Alten-)Heim“ im Sinn des § 1 Abs. 2 Z 1 MRG und des § 27b Abs. 1 KSchG erforderlich wäre.

Die Mietverträge der Bewohner solcher „Seniorenwohnungen“ unterliegen daher regelmäßig zumindest dem Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes. Auch solche Wohnungen und die Gebäude, in denen sie sich befinden, sind aber so ausgeführt, dass sie den körperlichen Beeinträchtigungen, mit denen ältere Menschen häufig zu kämpfen haben (wie etwa eine beeinträchtigte Geh- und Steigfähigkeit oder eine verminderte Bewegungssicherheit), oder etwa ihrem Bedürfnis, im gesundheitlichen Bedarfsfall rasch Hilfe herbeirufen zu können, bestmöglich Rechnung tragen. Zusätzlich werden den Bewohnern solcher Seniorenwohnungen auch besondere Versorgungs- und Betreuungsdienste (wie mobile Krankenpflege oder Haushaltshilfe, „Essen auf Rädern“, Besuchsdienste und ähnliches) angeboten.

Sowohl diese baulichen Einrichtungen als auch die Gewährleistung einer Versorgung mit sozialen Diensten der Altenhilfe sind gegenüber einem herkömmlichen Wohnbau und einer „normalen“ Vermietung mit zusätzlichen Kosten verbunden, die aus sozialen Erwägungen häufig nicht zur Gänze auf die Bewohner überwälzt werden, vor allem wenn es sich beim Errichter und Betreiber eines Wohnhauses mit solchen Seniorenwohnungen um eine Gebietskörperschaft oder eine gemeinnützige Bauvereinigung handelt oder die Errichtung und der Betrieb eines solchen „Altenwohnhauses“ (zu diesem Begriff Näheres im folgenden Absatz) von der öffentlichen Hand gefördert werden. Daher ist der mit den Hauptmietern solcher Seniorenwohnungen vereinbarte Mietzins häufig – gemessen an den Marktverhältnissen und an der besonderen Ausstattung des Gebäudes und des Mietgegenstandes – sehr günstig. Die übrig bleibende Kostenlast wird vom Vermieter und daher nicht selten von der Öffentlichkeit getragen. Dies wird auf Grund der damit angestrebten sozialen Ziele in Kauf genommen.

Diese sozialen Ziele würden allerdings verfehlt, wenn die solcherart begünstigten Hauptmieter die Möglichkeit hätten, ihre Mietrechte durch Abtretung an ihre Deszendenten weiterzugeben, oder wenn ihre Nachkommen im Fall ihres Versterbens ein Eintrittsrecht geltend machen könnten.

Um dies zu vermeiden, wird für Mietverträge über Seniorenwohnungen sowohl das Recht zur Abtretung der Mietrechte nach § 12 MRG als auch das Eintrittsrecht nach § 14 MRG in Ansehung der Verwandten in gerader absteigender Linie (einschließlich der Wahlkinder) ausgeschlossen.

Um allfällige Missbräuche und Umgehungen dieser Ausnahmeregelung hintanzuhalten, wird der Ausschluss des Abtretungs- und Eintrittsrechts überdies noch an ein weiteres Tatbestandselement geknüpft, nämlich an ein Mindestalter des Hauptmieters zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses von 60 Jahren.

Es müssen also drei wesentliche Voraussetzungen erfüllt sein, damit der Ausschluss des Abtretungs- und des Eintrittsrechts zum Tragen kommt.

Erstens muss die betreffende Mietwohnung eine „Seniorenwohnung“ sein. Nach dem zweiten Satz des neuen § 12 Abs. 3 MRG ist diese Voraussetzung gegeben, wenn sowohl die Wohnung selbst als auch die allgemeinen Teile des Gebäudes (man könnte ein solches Gebäude als „Altenwohnhaus“ bezeichnen), über die die Wohnung erreicht werden kann, beispielsweise durch barrierefreie Zugänge, besondere sanitäre Einrichtungen oder besondere Sicherheitseinrichtungen speziell für ein altengerechtes Wohnen ausgestattet sind. Dieses Kriterium betrifft also die bauliche Ausgestaltung und Einrichtung des Gebäudes und der Wohnung. Nicht erforderlich ist es, dass alle Mietgegenstände des „Altenwohnhauses“ altengerecht ausgestattet sind. Mit einer solchen Anforderung würde die Ausnahmebestimmung zu kurz greifen, weil ja ein Nebeneinander von Alt und Jung in einem Wohnhaus aus sozialen Gründen durchaus erwünscht sein kann und es daher nicht notwendig ist, die anderen – nicht speziell für Senioren gewidmeten – Wohnungen beispielsweise barrierefrei auszustatten. Ein „Altenwohnhaus“ im obigen Sinn kann somit durchaus auch „normale“ Wohnungen und Geschäftsräume neben den Seniorenwohnungen beherbergen, ohne dass dies der Anwendbarkeit des § 12 Abs. 3 und des § 14 Abs. 3 letzter Satz MRG auf die Seniorenwohnungen abträglich wäre. Weiters ist auch nicht erforderlich, dass alle allgemeinen Teile des Hauses altengerecht ausgestattet sind, sondern nur jene, die passiert werden müssen, wenn man die Seniorenwohnung erreichen will. Liegt die Seniorenwohnung beispielsweise im ersten Stock des Hauses, so ist es nicht ausnahmeschädlich, wenn der Lift zwar den ersten Stock erschließt, nicht aber auch in das zweite und dritte Stockwerk des Hauses führt.

Zweitens muss der jeweilige Mietvertrag nicht nur die Überlassung des Gebrauchs an der Wohnung, sondern darüber hinaus auch die Pflicht des Vermieters vorsehen, eine Grundversorgung des Hauptmieters mit sozialen Diensten der Altenhilfe (wie mobiler Haushaltshilfe, Wäschepflegediensten, Bereitschaftsdiensten, einem „Notruftelefon“, „Essen auf Rädern“ oder mobilen Krankenpflegediensten) zu gewährleisten. Der Vermieter muss diese Dienste also nicht selbst erbringen; es reicht auch aus, wenn er sie nur vermittelt (vgl. dazu beispielsweise den der Entscheidung 5 Ob 118/04w zugrunde gelegenen Sachverhalt). Er muss aber verpflichtet sein, sicherzustellen, dass den Bewohnern diese Dienste – wenn auch gegen (zusätzliches) Entgelt – zur Verfügung stehen.

Drittens kommt der Ausschluss nur dann zum Tragen, wenn der Hauptmieter zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags bereits das 60. Lebensjahr vollendet hatte.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so kann einerseits das Mietrecht nicht nach § 12 Abs. 1 MRG an Deszendenten (also Kinder, Enkelkinder, Urenkel usw., einschließlich Wahlkindern) abgetreten werden (was ohnedies nur im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes in Betracht käme) und andererseits sind die Deszendenten nach dem Tod des Hauptmieters nicht zum Eintritt in den Mietvertrag nach § 14 Abs. 2 MRG berechtigt.

Andere in § 12 Abs. 1 bzw. § 14 Abs. 3 MRG genannte Angehörige können – wenn im Übrigen die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind – das Mietrecht weiterhin auch vom Hauptmieter einer Seniorenwohnung abgetreten erhalten oder in den Mietvertrag eintreten. Schließlich sind diese Personen (Aszendenten, Geschwister, Ehegatten und – im Falle des § 14 MRG – Lebensgefährten) regelmäßig älter als oder zumindest annähernd gleich alt wie der Hauptmieter, sodass sie – im Gegensatz zu den jüngeren Deszendenten – typischerweise durchaus auch einen Bedarf an einer altengerechten Wohnung haben, wenn sie, was ohnehin gesetzliche Voraussetzung der Abtretung und des Eintrittsrechts ist, schon bisher im gemeinsamen Haushalt mit dem Mieter in der Wohnung gewohnt haben.